Großhandel

Apothekenketten: Phoenix wird Nummer 1

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Berlin -

Phoenix ist nach eigenen Angaben zu Europas größtem Apothekenbetreiber geworden: Ohnehin schon Nummer 1 im Großhandel, kommt der Konzern nach mehreren kleineren Übernahmen auf 2700 Filialen in 15 Ländern – und schließt damit zu Walgreens Boots Alliance (WBA) auf. Die geografische Breite ist ohnehin seit jeher unerreicht.

Im dritten Quartal des laufenden Geschäftsjahres hat Phoenix in den Niederlanden 20 Apotheken von Thio Pharma übernommen, 17 Proxi-Apotheken in Rumänien und zehn Standorte der Kette Fajn in Tschechien. „Mit diesem einzigartigen Apotheken- und Großhandelsnetz sowie durch Health Logistics und Services stärken wir unsere Position als bester integrierter Gesundheitsdienstleister Europas. Dabei stellen wir die Zufriedenheit unserer Kunden und Partner immer in den Mittelpunkt unseres Handelns“, sagt der neue CEO Sven Seidel.

Die Thio-Apotheken werden Teil der insgesamt dann rund 340 niederländischen Benu-Apotheken, die Phoenix gemeinsam mit McKesson betreibt. In Rumänien wächst die im vergangenen Jahr übernommene Kette Help Net auf rund 260 Standorte an. Die Präsenz der tschechischen Benu-Apotheken wird einschließlich Fajn bei rund 250 Apotheken liegen. Die europaweite Dachmarke Benu war 2012 eingeführt worden; nur in Norwegen und Großbritannien wurde der ursprüngliche Name beibehalten.

Weitere Apotheken betreibt Phoenix in:

  • Norwegen: Mit 340 Standorten hat Apotek 1 einen Marktanteil von 47 Prozent.
  • Großbritannien: Rowland mit 520 Standorten.
  • Estland, Lettland, Litauen: Im Baltikum ist Benu mit 250 eigenen Standorten vertreten.
  • In der Slowakei hatte Phoenix 2015 die Apothekenkette Sunpharma mit 42 Standorten erworben.
  • In Ungarn ist Phoenix mit 170 Benu-Standorten vertreten. Die Mehrheitsanteile werden nach einer Gesetzesänderung mittlerweile pro forma von den jeweiligen Apothekern gehalten.
  • In Serbien hatte Phoenix 2017 die Apothekenkette Goodwill mit landesweit 138 Filialen übernommen. Auch hier wurde der Name Benu bereits eingeführt.
  • In der Schweiz gehören rund 90 Apotheken zu Benu.
  • Weitere Apotheken betreibt Phoenix in Montenegro; außerdem gibt es Beteiligungen an österreichischen Apotheken.
  • Aus Polen hat sich der Konzern zurückgezogen und das Geschäft an Mediq verkauft. In Schweden gab Phoenix seine Apotheken ab, um seine Position als Großhändler nicht zu gefährden.

Um sich der Öffentlichkeit zu entziehen, hatten Manager aus dem Umfeld des Mannheimer Pharmahändlers die Firma „UTA Pharma“ aufgebaut, die zuletzt rund 300 Apotheken in verschiedenen mittel- und osteuropäischen Ländern betrieb. Während Phoenix vor allem als Großhändler international expandierte, kümmerte sich UTA um das teilweise heikle Geschäft im Apothekenbereich: In Ungarn kaufte UTA ab Ende der 90er-Jahre kleinere Ketten und Einzelapotheken auf. In Österreich war UTA an rund zwei Dutzend Apotheken beteiligt, in der Schweiz an der Apothekenkette Capitole mit 70 Filialen, die Phoenix 2008 komplett übernahm. In Polen eröffnete UTA 2007 die erste Apotheke.

Eine Verbindung zum Konzern ließ sich nie nachweisen: Zwar arbeiteten mehrere ehemalige und spätere Phoenix-Manager bei UTA. Doch die Firma, zunächst in Eschborn, dann im rheinland-pfälzischen Grünstadt und schließlich in Frankfurt ansässig, gehörte rein rechtlich einer Holding mit Sitz in Luxemburg und war damit formal eigenständig. In einer internen Firmenpräsentation wurde UTA allerdings bereits 2004 als „Finanz- und Management-Holding eines international ausgerichteten Konzerns im Bereich des pharmazeutischen Einzelhandels“ bezeichnet. Knapp 2000 Beschäftigte erwirtschafteten damals in den verschiedenen Ländern für die deutschen Investoren einen Umsatz von 450 Millionen Euro. Auch mehrere Polikliniken und Gesundheitszentren gehörten später zum Unternehmen.

Warum Firmenchef Adolf Merckle mit einem Teil seiner Apotheken jahrelang auf Tauchfahrt war, kann nur erahnt werden: In Ungarn durften sich Pharmagroßhändler jahrelang nicht an Apotheken beteiligen; in anderen Ländern fürchtete Merckle womöglich den Unmut der Apotheker. Denkbar sind außerdem wettbewerbsrechtliche oder steuerliche Motive. Nach dem Tod Merckles dürften die Treuhänder bei ihren Aufräumarbeiten irgendwann auch auf UTA gestoßen sein. Dabei könnte auch der Entschluss gefallen sein, die „Luxemburg-Untergruppe“, wie sie intern genannt wurde, endgültig aufzulösen. Später wurde UTA von Phoenix übernommen, das Versteckspiel hatte ein Ende.

Zum Vergleich: WBA kommt in Europa auf knapp 2800 Apotheken, McKesson auf rund 2300 Standorte.

Boots:

  • Großbritannien: 2465 Filialen
  • Norwegen: 159 Filialen
  • Irland: 87 Filialen
  • Niederlande: 59 Filialen
  • Litauen: 27 Filialen

Weltweit betreibt der Konzern von Stefano Pessina knapp 13.900 Apotheken, davon 9300 in den USA und weitere in Mexiko, Chile und Thailand. Allerdings hatte WBA angekündigt, jeweils 200 Standorte in den USA und Großbritannien schließen zu wollen. Eine Minderheitsbeteiligung gibt es auch in China.

McKesson:

  • Großbritannien: rund 1800 Apotheken (Lloyds)
  • Norwegen: 240 Apotheken (Vitus)
  • Belgien: 100 Apotheken (Lloyds)
  • Italien: 125 Apotheken und Parafarmacien
  • Irland: rund 100 Apotheken (Lloyds)
  • Schweden: rund 80 Apotheken (Lloyds)

Die Zahlen von der Website stimmen nicht mit der aktuellen Summe überein; in den vergangenen Monaten hatte es zahlreiche Schließungen gegeben. 400 weitere Apotheken gibt es in Kanada. Vor der Übernahme von Celesio war der US-Konzern gar nicht im Einzelhandel aktiv.

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