Wer regelmäßig joggen geht, kann seine Freunde im Netz an seinen Trainingseinheiten teilhaben lassen. Facebook bietet seinen Nutzern künftig auch die Möglichkeit, Grippeschutzimpfungen, Blutdruckmessungen oder Cholesterintests über ein Tool in seiner App zu organisieren – und das im sozialen Netzwerk auch mit allen zu teilen. Der Konzern hat am Montag die Anwendung „Preventive Health“ vorgestellt, die Nutzer in den USA anhand demographischer Daten darauf hinweisen soll, wenn eine entsprechende Anwendung für sie angebracht ist – und ihnen auch gleich zeigt, in welcher Apotheke sie die Impfstoffe kaufen können.
Sollte ich vielleicht doch mal meinen Blutdruck messen lassen? Gehöre ich zu einer Risikogruppe, die sich unbedingt gegen Grippe impfen lassen sollte? Das sind eigentlich Fragen, die man eigentlich mit sich selbst, einem Heilberufler oder seiner engeren Umgebung ausmachen sollte. Doch mittlerweile dürfte sich herumgesprochen haben, dass Facebook, Google & Co. oft mehr über einen wissen, als vielen lieb ist. Facebook will nun offenbar zeigen, dass seine Datenmassen auch einem guten Zweck für die öffentliche Gesundheit dienen können. Am Montag stellte der Konzern eine neue Anwendung vor, die sich vorerst für Nutzer in den USA innerhalb der normalen Facebook-App finden lässt.
Das Tool „Preventive Health“ soll Nutzer aktiv daran erinnern, sich medizinischen Vorsorgebehandlungen wie Grippeschutzimpfungen, Cholesterin- und Blutdrucktests oder etwa Mammographien zu unterziehen. Dabei nutzt das soziale Netzwerk einen Algorithmus, der anhand von demographischen Daten wie Alter und Geschlecht bemisst, ob es für einen Nutzer angebracht ist, eine Untersuchung wahrzunehmen. Und nicht nur das: Über das Tool kann auch Freunden mitgeteilt werden, dass man sich hat impfen oder untersuchen lassen. Wie aus einem Screenshot auf der Facebookseite hervorgeht, macht das Tool darüber hinaus Vorschläge, wem man noch mitteilen könnte, dass man sich behandeln lässt, und gibt die Möglichkeit, die Behandlung mit vordefinierten Gruppen zu teilen.
Für die notwendige Datengrundlage arbeitet der Konzern mit mehreren Partnern aus dem Gesundheitswesen zusammen, darunter das American College of Cardiology und die American Heart Association. „Wir haben Inhalte und Quellen zu Facebook Preventive Health beigesteuert, um es Amerikanern zu ermöglichen, erste Schritte gegen zu hohen Blutdruck, Blutzucker und Cholesterin zu machen“, zitiert Facebook Eduardo Sanchez, Leiter der Abteilung Prävention der American Heart Association.
Vor allem solle das neue Tool den Zugang zur Gesundheitsversorgung erleichtern. Erwägt der Nutzer beispielsweise eine Impfung, so zeigt die App an, in welchen Apotheken er die Impfstoffe kaufen und in welchen Praxen in seiner Nähe er die Impfung durchführen lassen kann. „Neue Tools wie dieses statten die Nutzer mit umgehendem Zugang zu Informationen und Quellen aus, die sie brauchen, um dabei zu helfen, in ihrem eigenen Umfeld die Grippe zu bekämpfen“, so Nancy Messonnier, Direktorin des National Center for Immunization and Respiratory Diseases.
Preventive Health nutzt aber nicht nur Daten, sondern generiert auch welche: Wurde eine Untersuchung oder Impfung abgeschlossen, kann der Nutzer das in der App markieren, gleich die nächsten Erinnerungen planen, beispielsweise für Folgeuntersuchungen oder die nächste Impfung. Nach den Datenskandalen der Vergangenheit zumindest nach außen vorsichtig geworden, versichert Facebook jedoch umgehend, dass die Aktivitäten innerhalb des Tools nicht nach außen sichtbar seien und die Daten auch nicht für die Generierung personalisierter Werbung zu nutzen.
Anders als Amazon, Google oder Apple hat sich Facebook im Gesundheitsbereich bisher zurückgehalten, abgesehen von Remindertools für Blut- oder Organspenden war zu dem Thema bisher nicht viel zu vermelden. Dabei steht der Konzern beim Thema Nutzer-Informationen den anderen Internetkonzernen in nichts nach – und dass es zumindest Interesse hatte, seine Datenmacht auch im Gesundheitswesen auszuspielen, ist belegt. Im Frühjahr 2018 kam heraus, dass Facebook bei mehreren Krankenhäusern in den USA anfragte, ob es möglich sei, anonymisierte Patientendaten zu Krankheiten und Arzneimittelverordnungen zu erhalten. Der Konzern arbeitete nach eigenen Angaben an einem Projekt zur besseren Prognose des Versorgungsbedarfs von Patienten. Das wurde dann jedoch abgebrochen – denn kurz darauf wurde der Skandal um Camdridge Analytics öffentlich.
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