Schweiz

Apotheken verkaufen Antibiotika-Anbrüche

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Berlin -

Im Schweizer Kanton Tessin setzen die Apotheken zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen auf Eigeninitiative. Seit Anfang des Jahres geben viele von ihnen nur noch genau die Zahl an Tabletten an die Patienten ab, die ihnen der Arzt verschrieben hat. Die Patienten zahlen trotzdem die gesamte Packung.

Die Initiative geht zurück auf den Kantonsapotheker Giovan Maria Zanini. Ende vergangenen Jahres schickte er einen Rundbrief an die Apotheken des Kantons, in dem er die Idee unterbreitete und zur freiwilligen Teilnahme aufforderte. Seit Anfang des Jahres setzt die Mehrzahl der Apotheken in der italienischsprachigen Region Zaninis Plan um: Kommt ein Patient und hat vom Arzt beispielsweise vier Tage lang je zwei Tabletten eines Antibiotikums verschrieben bekommen, geben die Apotheker auch nur acht Tabletten ab. Ist die kleinste verfügbare Schachtel eine Zehnerpackung, öffnet sie die Apotheke und behält zwei Tabletten zurück.

Verlängert der Arzt die Behandlung, können die Patienten die übrigen Tabletten abholen oder mit einer Folgeverordnung „verrechnen“. Besteht kein weiterer Bedarf, entsorgt die Apotheke die restlichen Tabletten. So soll verhindert werden, dass Patienten die überzähligen trotzdem einnehmen, sie später ohne eine ärztliche Verordnung für andere Krankheiten benutzen oder sie an Dritte weitergeben. Schweizer Patienten sind auch bisher schon angehalten, überzählige Tabletten zur Entsorgung in der Apotheke abzugeben. „Mit unserem System nehmen wir diesen Schritt einfach vorweg“, zitiert der Schweizer Rundfunk SRF Zanini.

Das Amt des Kantonsapothekers dient der Umsetzung von Bundes- und Kantonsgesetzen und -vorschriften auf lokaler Ebene. Er überwacht unter anderem die Umsetzung des Heilmittel- und des Betäubungsmittelgesetzes, den Arzneimittelverkehr, die abgebenden Betriebe, die Ausübung von Heilmittelberufen und die Rezeptur. Dabei hat er jedoch auch gestalterische Möglichkeiten, wie die Arzneimittelbehörde Swissmedic auf Anfrage erklärt: So kann er beispielsweise Empfehlungen abgeben oder Initiativen wie die jetzige in Tessin starten.

Einige Apothekenkunden scheinen jedoch mit Zasninis Initiative so ihre Probleme zu haben. Schweizer Medien berichten davon, dass einige versuchen würden zu reklamieren. Begründung: Sie oder ihre Krankenkassen habe die ganze Packung bezahlt, also wollen sie auch alle Tabletten haben. Der Kantonsapotheker rät seinen Kollegen dann, den Kunden den Sinn der Aktion richtig zu erläutern und eine Umdenken bei ihnen zu erreichen: Der Arzt habe ihnen nicht die Antibiotikapackung verschrieben, sondern eine Behandlung. Und für die werde der Preis bezahlt.

Auch darauf, dass der Apotheker nichts an der Aktion verdient, solle hingewiesen werden. „Vor allem soll der Kunde wissen, dass dies zugunsten der Gesellschaft gemacht wird“, so Zanini. Schlechte Erfahrungen mit Kunden hat Apothekerin Carla Garossalo aus Lugano bisher nicht gemacht. Die Farmacia Migliore, in der sie arbeitet, nimmt an der Aktion teil und hat ihren Angaben zufolge bisher nur gute Resonanz. „Wir haben von den Kunden bisher sehr viel positives Feedback erhalten“, erzählt sie auf Anfrage.

Die Schweiz verfolgt schon seit 2015 mit einer nationalen Strategie Antibiotikaresistenzen (StAR) das Ziel, Multiresistenzen einzudämmen. Darin wurden acht Handlungsfelder definiert, in denen Maßnahmen umgesetzt werden sollen: Prävention, sachgemäßer Antibiotikaeinsatz, Rahmenbedingungen, Information und Bildung, Kooperation, Forschung und Entwicklung, Überwachung und Resistenzbekämpfung. „Es braucht klare Richtlinien zu Verschreibung, Abgabe und Anwendung in der Medizin für Mensch und Tier“, heißt es im Strategiepapier zum Handlungsfeld sachgemäßer Antibiotikaeinsatz. „Die Initiative in Tessin kann als Teil dieser Strategie betrachtet werden“, heißt es dazu auf Anfrage von Swissmedic.

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