In Kalifornien dürfen Apotheken möglicherweise schon bald Daten über ihre Patienten an Pharmahersteller und Marketing-Agenturen verkaufen. Ein entsprechender Gesetzesentwurf passierte gestern nach mehreren Änderungen den Senat und muss nun im Repräsentantenhaus verabschiedet werden. Verbraucherschützer und Ärzteverbände laufen Sturm gegen die Pläne.
Bereits Mitte Januar hatte der demokratische Senator Ron Calderon das Gesetzesvorhaben eingebracht. Ziel sei es, für Pharmafirmen die Möglichkeit zu schaffen, per Mailing Patienten an die Einnahme beziehungsweise den Nachkauf ihrer Medikamente zu erinnern. Bislang hat Kalifornien eins der restriktivsten Datenschutzgesetze der USA. Pharmaherstellern ist es bislang prinzipiell untersagt, Werbeschreiben an Verbraucher zu senden.
Damit könnte nun Schluss sein. Nach dem Willen des Senats sollen Apotheken Informationen an andere Heilberufler, Wissenschaftler, Gesundheitsbehörden, Transplantationszentren und Leichenbeschauer weitergegeben werden dürfen. Sogar Arbeitgeber und Krankenversicherer sollen demnach Zugriff auf die sensiblen Daten haben. Pharmafirmen und Marketing-Agenturen sollen Informationen nur unter bestimmten Auflagen und im Zusammenhang mit der jeweiligen Therapie erhalten.
Nach ersten Widerständen wurde das Gesetz im Senat zumindest dahingehend geändert, dass Patienten den Apotheken die Weitergabe ihrer Daten untersagen dürfen (Opt-Out). Verbraucherschützer fordern, dass umgekehrt die Patienten die Weitergabe medizinischer Daten wie bislang explizit genehmigen müssen (Opt-In).
Doch ohnehin protestieren die Patientenvertreter massiv gegen das gesamte Gesetzesvorhaben. Der Verbraucherschutzverband Consumer Watchdog sieht in den Plänen einen Generalangriff der Pharmaindustrie auf die Patientenrechte. So sei einer der wichtigsten Sponsoren des Gesetzes, das Marktforschungsunternehmen Adheris, bereits 2004 wegen seiner Datenschutzpolitik in die Schlagzeilen geraten und habe extra seinen Firmennamen geändert. Zudem laufe ein zivilrechtliches Verfahren gegen das Unternehmen.
Dem Abgeordneten Calderon wirft Consumer Watchdog vor, in den vergangenen zwei Jahren knapp 22.000 US-Dollar von Pharmafirmen und anderen Profiteuren des Gesetzes kassiert zu haben. Sollte es den Initiatoren tatsächlich darum gehen, die Therapietreue der Patienten zu verbessern, könnten auch die Apotheken die Erinnerungsmailings übernehmen, so der Verband. Auch die kalifornischen Ärzte skizzieren Horrorszenarien. Sie sehen die Patientensicherheit und das Arzt-Patienten-Verhältnis in Gefahr.
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