Österreich

Apotheke installiert Gesichtsscanner für Bayer

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Berlin -

Zwei Apotheken in Österreich scannen ab sofort mithilfe von Videokameras die Gesichter ihrer Kunden, um ihnen geschlechts- und altersspezifische Werbung zu zeigen. Die Technologie stammt vom Pharmakonzern Bayer. Das Pilotprojekt ist zunächst auf drei Monate angelegt.

Schau mir in die Linse und ich zeige dir, was du kaufen sollst. Nach diesem Motto funktioniert ein Gesichtsscanner von Bayer, der seit Mittwochnachmittag in der Linzer Schutzengel-Apotheke installiert ist. Displays mit integrierten Scannern sollen den Kunden an Alter und Geschlecht angepasste Werbung zeigen. Außer in der der Schutzengel-Apotheke testet Bayer das System derzeit in einer weiteren österreichischen Apotheke.

Die Initiative, einen Gesichtsscanner in seiner Apotheke zu installieren, sei von Bayer ausgegangen, berichtet der Inhaber der Schutzengel-Apotheke, Jörg Mayrhofer. „Warum sie gerade mich ausgewählt haben, kann ich nur vermuten“, sagte er. „Wir haben allerdings ein gutes Verhältnis zum lokalen Bayer-Vertreter. Daher wissen sie wohl auch, dass ich grundsätzlich neuen Ideen gegenüber aufgeschlossen bin.“ Er sei eben neugierig auf die neue Technologie gewesen. „In unserer Branche ist immer die Rede von Digitalisierung. Das kann eben auch ein Baustein sein“, meint der Pharmazeut.

Drei digitale Bildschirme wurden laut Mayrhofer vom Pharmakonzern zur Verfügung gestellt und in der Schutzengel-Apotheke installiert: Einer steht in der Nähe der Freiwahl, einer an den HV-Tischen und einer nahe der Sichtwahl. Zwei Displays – am HV und in der Freiwahl – sind nach Angaben des Apothekers mit Kameras ausgestattet, die die Gesichter der Kunden scannen und erkennen sollen, ob sie weiblich oder männlich und älter oder jünger sind. Je nach Ergebnis wird Werbung für ein bestimmtes Produkt eingespielt.

Derzeit werden nach Angaben des Apothekers vier Produkte auf diese Weise beworben – alle selbstverständlich von Bayer: Iberogast, Bepanthen, Aspirin Complex sowie Supradyn vital 50Plus. Während für jüngere Kundinnen Iberogast-Werbung eingespielt wird, bekommen ältere Frauen Supradyn vorgesetzt. Bei Männern, egal welchen Alters, wird Aspirin beworben. Die Testphase soll zunächst drei Monate dauern.

Laut Bayer wurde die Technologie auf datenschutzrechtliche Unbedenklichkeit geprüft und mit dem ePrivacy-Siegel zertifiziert. Der Pharmahersteller verspricht, dass Bilder „nicht gespeichert und keinesfalls weitergegeben werden“. Die Aufnahmen der Kunden würden sofort wieder gelöscht, versichert eine Sprecherin des Konzerns. Mittels eines Gesichtsscan werde ausschließlich das ungefähre Alter und das Geschlecht erhoben. Die Erkennungs-Algorithmen liefen lokal und arbeiteten in Echtzeit, so die Sprecherin weiter.

Eine Verknüpfung mit weiteren Daten erfolgt ihren Angaben nach nicht. Aus den erfassten Daten werde in Sekundenbruchteilen ein sogenannter „Hash-Wert“ generiert, bei dem keinerlei Personenbezug mehr vorliege. „Die Bilder werden sofort nach dieser Verarbeitung gelöscht und es besteht keine Möglichkeit, die Person zu identifizieren“, versichert die Sprecherin. Ein Aushang mit entsprechenden Informationen soll mögliche Bedenken der Kunden zerstreuen. Mayrhofer bittet sie um Unterstützung „bei diesem innovativen Ansatz“.

Der Apotheker betont ebenfalls, dass keine Daten gespeichert werden. „Gerade bei Apotheken handelt es sich um einen sehr sensiblen Bereich“, sagt er. „Mir war es daher wichtig, dass datenschutzrechtlich alles einwandfrei ist.“ Bislang hätten sich noch keine Kunden über die Installation beschwert. Das könnte auch daran liegen, dass sie – trotz eines Aushangs am Eingang der Apotheke – offenbar nichts von dem technologischen Fortschritt ihrer Apotheke mitbekommen haben. Darauf könnte zumindest der Umstand hindeuten, dass der Apotheker eigenen Angaben nach noch von keinem einzigen Kunden auf die Gesichtserkennung angesprochen wurde.

Ob der Pharmahersteller auch in Deutschland solche Gesichtsscanner in Apotheken installieren will, bleibt unklar. Auf Nachfrage wollte der Konzern solche Pläne weder bestätigen noch dementieren. „Kein Kommentar“, sagte ein Bayer-Sprecher.

Während man vor allem in den USA und Großbritannien vorwiegend in Modegeschäften seit Jahren auf diese Technologie setzen, sind derartige Scanner in Deutschland, aber auch in Österreich noch eine Seltenheit. Ursprünglich wurden die Scanner entwickelt, um wiederkehrende Ladendiebe schnell zu erkennen, mittlerweile werden damit neben demografischen Daten auch Besucherströme und Aufmerksamkeitsspannen aufgezeichnet. In einigen Hotels würden Prominente und zahlungskräftige Kunden mit Gesichtsscannern schneller erkannt, schreibt das österreichische Technologie-Portal Futurezone. Ein Reddit-Nutzer ertappte zudem vor einigen Monaten eine Pizzeria in Oslo, die gezielt Männern Angebote für Pizza und Frauen Werbung für Salat angezeigt haben soll.

In der Linzer Schutzengel-Apotheke scheint die Gesichtserkennung allerdings noch nicht einwandfrei zu funktionieren. Bei einem Test der Regionalzeitung Oberösterreichische Nachrichten zeigte der Scanner offenbar immer dieselbe Werbung. Egal, wer sich vor dem Display positionierte: Jeder bekam das Erkältungsmittel von Bayer feilgeboten.

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