Ansturm auf Ivermectin – Vergiftungen durch Überdosierung APOTHEKE ADHOC, 19.11.2021 10:37 Uhr
Das Entwurmungsmittel Ivermectin ist nicht das erste Mal in den Schlagzeilen. Bereits im April letzten Jahres zeigte der Arzneistoff eine antivirale Wirksamkeit gegen Sars-CoV-2. Im Juli wurde der Einsatz bei Covid-19 in der Slowakei empfohlen. Im Nachbarland Österreich kam es infolgedessen zu einem Run auf das Mittel, welches vor allem in der Veterinärmedizin zum Entwurmen von Pferden eingesetzt wird. Nach Äußerungen der FPÖ, in denen die Einnahme von Ivermectin empfohlen wird, kommt es erneut zum Ansturm auf das Mittel – diesmal mit Meldungen über schwere Vergiftungen.
In Deutschland ist Ivermectin in Mitteln wie Driponin (Pädia) enthalten und wird zur Behandlung von Krätze eingesetzt. Doch auch in der Veterinärmedizin findet das Mittel Anwendung, beispielsweise in Suspensionen zur Entwurmung von Pferden.
In Deutschland wird die Behandlung von Covid-19 mit Ivermectin aufgrund des niedrigen Evidenzgrades und zahlreicher methodischer Limitationen der bisherigen Studien nicht empfohlen. Der Einsatz zur Therapie oder Prophylaxe soll nur im Rahmen von kontrollierten klinischen Studien erfolgen.
Den erneuten Run auf österreichische Apotheken löste der FPÖ-Chef Herbert Kickl aus. Dieser sprach sich Anfang November für den Einsatz des makrozyklischen Lacton-Derivates aus. Laut einem Bericht des „Spiegel“ hatte er sogar dazu aufgerufen, auf Ivermectin anstatt auf die Corona-Impfungen zu setzen. Zahlreiche Impfskeptiker sorgen nun für leere Schübe in den Apotheken, denn viele Hersteller von Ivermectin-haltigen Fertigarzneimitteln gibt es nicht. Wer in der Apotheke nicht mehr fündig wird, der versucht es beim Tierarzt. Denn Ivermectin ist auch zur Behandlung von Pferden zugelassen.
Eigentlich ist Ivermectin rezeptpflichtig
„Ivermectin ist immer wieder ausverkauft und das, obwohl es rezeptpflichtig ist“, zitiert das Nachrichtenportal „Oberösterreichische Nachrichten“ Thomas Veitschegger, den Präsidenten der dortigen Apothekerkammer. Somit steht das Präparat den Menschen, die es wirklich benötigen nicht mehr zur Verfügung. Doch die Apothekerkammer nimmt ein weiteres Problem wahr: Es kommt zu Vergiftungserscheinungen aufgrund von starken Überdosierungen. Denn teilweise wird das Mittel in der Dosierungsempfehlung für Pferde eingenommen. Während eine Einmalgabe für den Menschen 3 mg Ivermectin enthält, bekommt ein Pferd 0,2 mg Ivermectin pro Kilogramm Körpergewicht. Bei einem Körpergewicht von 600 Kilogramm wäre die empfohlene Dosierung 120 mg.
Auch in den USA kam es zum Run auf das Mittel. Dort warnte die FDA vor dem Off-label-Use: „Auch wenn Tierarzneimittel denselben Wirkstoff wie ein zugelassenes Humanarzneimittel haben, wurden Tierarzneimittel nicht auf Sicherheit oder Wirksamkeit beim Menschen untersucht. Die Behandlung menschlicher Erkrankungen mit Tierarzneimitteln kann sehr gefährlich sein. Das Medikament kann möglicherweise überhaupt nicht wirken oder die Krankheit verschlimmern und zu schwerwiegenden, möglicherweise lebensbedrohlichen gesundheitlichen Komplikationen führen. Menschen sollten keine Produkte einnehmen, die für die Veterinärmedizin zugelassen sind […].“