Diabeteszubehör

Amazon verkauft Teststreifen und Messgeräte exklusiv

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Berlin -

Und wieder macht Amazon einen Schritt in den Richtung Gesundheitsmarkt. Nach Versandapotheke und KI-Diagnose ist nun die Mediztintechnik dran. Künftig wird der Versandgigant unter dem Namen Amazon Choice Blutzucker- und Blutdruckmessgeräte vertreiben. Dabei handelt es sich allerdings nicht um eine Eigenmarke im engeren Sinne.

Die Produkte aus der Choice-Reihe werden vom US-Unternehmen Arcadia Group hergestellt und sollen exklusiv über Amazon vertrieben werden. In Zukunft soll das Sortiment noch ausgeweitet werden: Auf der Choice-Seite können Nutzer abstimmen, für welches Angebot Bedarf herrscht. Darunter sind Herzrythmusmesser, aber auch Insulinpens. Im Gegensatz zu früheren Expansionen in den Gesundheitsmarkt sei die Initiative diesmal jedoch nicht von Amazon ausgegangen. „Ich bin vergangenes Jahr an Amazon herangetreten, als ich gesehen habe, dass sie ihre Position im Gesundheitsmarkt ausbauen“, erklärte Arcadia-Geschäftsführer Bob Guest gegenüber dem US-Nachrichten sender CNBC. „Ich habe gespürt, dass ihnen etwas fehlte, und zwar Produkte für Menschen mit Diabetes und anderen chronischen Erkrankungen.“

Und Amazon hat angebissen. Die beiden Unternehmen haben sich darauf geeinigt, das Arcadia die Marke Choice launcht und sämtliche Markenrechte behält, die Produkte aber exklusiv auf Amazon vertreibt. Mit demselben Konzept hat Arcadia bereits Deals mit dem Einzelhandelskonzern Walmart geschlossen: Unter der Marke ReliOn bietet die Kette exklusiv 30 verschiedene Medizintechnikprodukte an, hauptsächlich Blutzucker- und Blutdruckmessgeräte sowie deren Zubehör, die von Arcadia hergestellt werden.

Doch mit Amazon will Arcadia einen Schritt weiter gehen. Die Marke werde sowohl konventionelle Modelle umfassen als auch solche mit Bluetooth- und Erinnerungsfunktionen sowie der Unterstützung von mobilen Apps zur selbstständigen Datenauswertung. Das wichtigste Novum soll jedoch ein anderes sein: „Für die Zukunft planen wir, eine stimmgesteuerte Interpretation der Messergebnisse sowie individuelle Gesundheitsempfehlungen. Das alles ist möglich mit Alexa und wird den Patienten ein nie da gewesenes Maß an Lebensqualität ermöglichen“, so Guest.

Der Arcadia-Gründer spielt damit auf die neuen Funktionen an, die sich Amazon für seinen Sprachsteuerungsassistenten Alexa hat patentieren lassen. Dahinter steht eine Software, die mittels Künstlicher Intelligenz anhand der Stimme des Nutzers Krankheitssymptome – teils noch vor Ausbruch der Krankheit – erkennen und darauf aufbauend Produktvorschläge machen. Welche Produkte dem Nutzer dabei vorgeschlagen werden, hängt dann auch davon ab, welche sonstigen Daten zur Filterung anwendbarer Zielkriterien zur Verfügung stehen. Amazon nennt in der Patentschrift Alter, demographische Daten und Browserverlauf. Dabei zielt Amazon nicht nur auf Bagatellkrankheiten wie Erkältungen, sondern auch auf schwere Erkrankungen – Diabetes wäre eine Option.

Noch steht nicht offiziell fest, wann das neue Alexa-Feature eingeführt werden soll – die Datenschutzbedenken sind selbst in den USA riesig. Amerikanischen Medienberichten zufolge prüft der Konzern derzeit, welche Anpassungen noch vorgenommen werden müssen, um die neue Funktion einzubinden.

Denn der US-Markt für Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, den Amazon nun mit der Kombination aus Medizintechnik und KI anpeilt, ist riesig: Rund 130 Millionen Amerikaner sind von ihnen betroffen. „Bei der Marke Brand geht es vor allem um den Zugang zu Wohlbefinden“, adressiert Guest die potentiellen Kunden. „Die Verbraucher müssen nicht mehr in ein Geschäft fahren und sich in die Schlange stellen, um ihre medizinischen Geräte und deren Zubehör zu kaufen. Sie können jetzt in ihrem privaten Umfeld die Produkte ihrer Wahl bewerten, vergleichen und erwerben.“

Amazon arbeitet sich in den letzten Jahren Schritt für Schritt auf dem Gesundheitsmarkt vor – zuerst in den USA und nach einhelliger Expertensicht später weltweit. Seit mehreren Jahren wird darüber spekuliert, was genau der Megakonzern vor hat. Unter dem Arbeitstitel „1492“ hatte er bereits verschiedene Optionen durchgeplant und auch erste Pilotprojekte gestartet, beispielsweise Ende 2016 die Lieferung von OTC-Medikamenten im Großraum Seattle mit dem Schnelllieferdienst Prime Now, die in Zusammenarbeit mit der Apothekenkette Bartell Drugs erprobt wurde.

Der bisher größte Paukenschlag war die Übernahme der Versandapotheke Pillpack Ende Juni dieses Jahres. Pillpack ist spezialisiert auf die Betreuung von Patienten, die Arzneimittel auf Rezept bekommen: Die Firma stellt die Medikamente zusammen, verblistert sie tag- und stundengerecht und organisiert den Versand. Außerdem verfügt Pillpack über eine ausgefeilte Software zur zeitgerechten Versandsteuerung.

Damit brachte Amazon zuallererst die Apothekenriesen in den USA in Zugzwang, auch wenn zumindest Walgreens-Patriarch Stefano Pessina das bestritt. Die beiden dominierenden Apothekenkonzerne – Walgreens Boots Alliance (WBA) und CVS – beschleunigen seitdem ihre Digitalisierung: Allein in den letzten Monaten starteten sie Telemedizinangebote, Kooperationen mit dem chinesischen Amazon-Pendant Alibaba und ein neues Pick-up-Projekt in Zusammenarbeit mit der Supermarktkette Kroger.

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