Versandgigant Amazon geht erneut in den stationären Einzelhandel: In New York hat der erste sogenannte Amazon 4-Star eröffnet. Der Konzern will damit die Daten aus dem Onlinehandel für Vor-Ort-Geschäfte nutzen.
„Das Angebot bei Amazon 4-Star reflektiert unsere Kunden – das, was sie kaufen und was sie lieben“, bewirbt das Unternehmen sein neues Konzept. Denn in den Stores finden sich nur Produkte, die entweder mit 4 von 5 Sternen oder mehr bewertet wurden, Topseller sind oder meistgekaufte Neueinsteiger. Die durchschnittliche Bewertung der Produkte im Store liegt dem Unternehmen zufolge bei 4,4 Sternen und hat allein 1,8 Millionen 5-Sterne-Bewertungen generiert. Aus dem Premiumsortiment ist auch die Lage: Im angesagten SoHo mitten in Manhattan soll eine entsprechende Menge kaufkräftiger Laufkundschaft angezogen werden.
Zum Start setzt Amazon im Shop auf seine bisher beliebtesten Produktkategorien, namentlich Elektrogeräte, Küchenutensilien, Heimbedarf, Spielzeug, Bücher und Spiele. Die Kauflust soll darüber hinaus mit Methoden angeregt werden, die man aus dem Onlinehandel kennt: An den Produkten stehen Hinweise wie „Kunden, die das kauften, kauften auch“, die Kategorie „Most-Wished-For“, in die Produkte fallen, die besonders häufig auf der Wunschliste landen, Amazon Exclusives sowie eine nach lokalen Gesichtspunkten gefilterte Kategorie. In dieser werden Produkte geführt, die derzeit in der Region New York im Trend liegen.
Außerdem sollen auch die Online-Kundenbeziehungen offline gepflegt werden: Auf den digitalen Preisschildern sind unterschiedliche Preise für Normalkäufer und Amazon-Prime-Kunden ausgeschrieben – natürlich bietet der Laden aber auch die Möglichkeit, vor Ort eine Prime-Mitgliedschaft abzuschließen.
Es ist nicht der erste Anlauf Amazons, im stationären Einzelhandel Fuß zu fassen. Im Dezember 2016 eröffnete in Seattle die erste Filiale von Amazon Go, dem ersten Supermarkt, der ganz ohne Registrier- und SB-Kassen auskommt. Stattdessen kommt eine sogenannte „Just walk out“-Technologie zum Einsatz, eine Überwachung mittels Sensoren, über deren genaue Funktionsweise sich der Konzern in Schweigen hüllt. Der Kunde muss sich beim Betreten nur über eine Smartphone-App ausweisen. Nach dem Verlassen des Supermarktes werden die Waren automatisch über das Amazon-Konto abgerechnet. Die Erprobungsphase lief allerdings alles andere als rund: Waren mehr als 20 Kunden im Laden, kam das System durcheinander. Mittlerweile sind neben dem Markt in Seattle auch Filialen in Chicago, San Francisco und New York geplant.
Doch Amazon versucht nicht nur mit eigenen Innovationen den Einzelhandel aufzumischen. Im Sommer vergangenen Jahres hatte der Plattformkonzern für 13,7 Milliarden Dollar die Bio-Supermarktkette Whole Foods Market gekauft, die insgesamt 461 Filialen betreibt. Bereits zuvor eröffnete der Konzern mehrere Buchläden in den USA.
So will sich der Internetgigant sein Stück vom Offline-Handel-Kuchen sichern, und zwar nicht nur in den USA. Der US-Konzern gehe davon aus, bald erste Ladengeschäfte in Deutschland eröffnen zu können. „Das ist keine Frage des Ob, sondern des Wann“, sagte Amazons Deutschland-Chef Ralf Kleber Ende 2017 der Funke-Mediengruppe. Das Unternehmen wolle sich dem klassischen Handel nicht verschließen, dieser mache hierzulande immerhin 90 bis 95 Prozent des Gesamtumsatzes aus, so Kleber. Man werde tun, „was der Kunde will“. Wann genau es in Deutschland mit stationären Geschäften losgehen soll, stehe jedoch noch nicht fest.
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