Altmedikamente: Gelklumpen statt Toilette APOTHEKE ADHOC, 14.09.2019 15:11 Uhr
In den USA nehmen immer mehr Apotheken- und Einzelhandelsketten ein Produkt in ihr Sortiment, das Patienten eine sichere Entsorgung von Arzneimitteln erleichtern soll: DisposeRx ist ein Pulver, das in Kombination mit Wasser ein festes Gelee bildet, das Wirkstoffe binden soll. Damit wollen Hersteller und Verkäufer nicht nur die Umweltbelastung durch Arzneimittel verringern, sondern auch den Missbrauch von Opioiden verhindern.
In den USA werden Pillen und Tabletten meist in Plastikflaschen verkauft und abgegeben. Sind nach der Anwendung welche übrig, füllt der Patient die Flasche zu zwei Dritteln mit warmem Wasser, gibt das Pulver hinzu und verschließt sie wieder. Danach schüttelt er das Gefäß für 30 Sekunden. Daraufhin verdickt sich das Wasser-Pulver-gemisch zu einem festen, ungiftigen Gelee, das die Pillen einschließt und nicht mehr nutzbar macht. Die Packung könne danach bedenkenlos im Hausmüll entsorgt werden, so der Hersteller.
Das Pulver-Wasser-Gemisch kann natürlich auch in anderen, ungefähr gleichgroßen Behältnissen angewendet werden und eignet sich nach Herstellerangaben zur Isolierung von Tabletten und Pillen genauso wie für Pulver, Kapseln, Flüssigkeiten oder Pflastern. Somit könne auch das Aussickern dieser Stoffe bei der Entsorgung über den Hausmüll vermieden werden.
„Unsere sichere Vor-Ort-Entsorgungsmethode hilft bei der Bekämpfung der zunehmenden Probleme durch unsachgemäße Arzneimittelentsorgung“, so der gleichnamige Hersteller aus Sanford im US-Bundesstaat North Carolina. Ähnlich wie hierzulande wird die Belastung des Grundwassers durch Hormone und Arzneimittelrückstände in den USA zunehmend als Problem wahrgenommen. Erst im März erschien im Fachmagazin „Environmental Science & Technology“ eine der größten Studien, die dazu bisher durchgeführt wurden. Demzufolge wurden in 1091 Trinkwasserreservoirs auf dem gesamten Staatsgebiet der USA insgesamt 21 verschiedene Hormone und 103 Arzneimittelwirkstoffe nachgewiesen.
Noch akuter als die Belastung von Gewässern mit Arzneimittelrückständen ist in den USA jedoch der massive Missbrauch von opioidhaltigen Schmerzmitteln und das daraus resultierende Abrutschen in die Heroinsucht. Rund 70.000 Menschenleben hat die Krise in den vergangenen Jahren gekostet – pro Jahr.
Durch den Einschluss der Pillen werde nicht nur die versehentliche Einnahme abgelaufener Arzneimittel verhindert, sondern auch der willentliche Missbrauch von zu Hause noch vorrätigen oder entsorgten Tabletten. „In weniger als einer Minute können Patienten den Missbrauch von Arzneimitteln in ihren Gemeinden, versehentliche Vergiftungen sowie die Verschmutzung der Wasserversorgung verhindern“, so Mark Panzer, Leiter der Abteilung Apotheken, Gesundheit und Wellness bei der Apotheken- und Supermarktkette Albertsons, die das Produkt neu in ihr Sortiment genommen hat.
In mehreren Apotheken- und Einzelhandelsketten – darunter CVS, Rite Aid, Walmart und Alberstons – sind Apotheker deshalb mittlerweile angehalten, Kunden bei der Abgabe von Opioiden auf DisposeRx hinzuweisen und die Anwendung zu erklären. Walmart bewarb die Produkteinführung beispielsweise als Beitrag zum Kampf gegen die Opioid-Krise: „Das Problem muss von vielen Seiten angegangen werden, um es zu lösen. Wir sind uns aber sicher, dass diese einzigartige, einfach handzuhabende Lösung einen bedeutenden Einfluss auf das Leben vieler Verbraucher haben kann“, so Marybeth Hays, Leiterin der Sparte Consumables and Health and Wellness bei Walmart.