Bulgarien

Afrikanische Zustände in Apotheken Patrick Hollstein, 21.02.2012 15:11 Uhr

Berlin - 

Auf dem bulgarischen Arzneimittelmarkt herrschen nach Ansicht von Kritikern „afrikanische Zustände“. Konkret geht es um die Monopolstellung des Pharmaherstellers Sopharma, der auch einen Großhandel und eigene Apotheken betreibt. Nach Medienberichten untersucht die EU-Kommission bereits die Geschäftspraktiken der Firma; auch der Gesundheitsausschuss des Parlaments in Sofia will jetzt Näheres wissen.

 

Der ehemalige Staatsbetrieb war im September 2000 privatisiert worden – nach Medienberichten unter kolonialen Bedingungen. Firmenchef Ognian Donev, der in den 1990er-Jahren für die Expansion des Handelskonzerns Metro in Bulgarien verantwortlich gewesen war, hatte ab 2006 auch verschiedene Pharmagroßhändler gekauft und diese zu Sopharma Trading verschmolzen. Außerdem gehören die Apothekenketten Sanita, Ceiba und Sofia Apotheken zum Verbund.

Doch Donev und seine Investoren, über zum Teil verschachtelte Beteiligungskonstrukte Hauptaktionäre bei Sopharma, sind auch in weiteren benachbarten Branchen aktiv: So leiten Donev und seine Partner auch die Investgruppe Doverie, die unter anderem Medizintechnikhersteller, Kliniken und sogar Krankenversicherungen betreibt.

Donev gehört heute zu den wichtigsten Personen im Wirtschafts- und Finanzleben des Landes. Zusätzlich zu seinem Posten als Chef des Arbeitgeberverbands hatte Donev bis vor einem Jahr einen Sitz im Aufsichtsrat des Krankenversicherungsfonds.

 

 

Mit Gergana Pavlov war außerdem bis heute eine ehemalige Spitzenmanagerin des Konzerns stellvertretende Gesundheitsministerin – Premierminister Boyko Borisov entband sie am Vormittag von ihren Aufgaben. Ein Gesetz, nach dem alle Kliniken ihre Arzneimittel einzeln einkaufen müssen, trägt inoffiziell ihren Namen.

Dank seiner guten Beziehungen hat Donev es mit Sopharma zum Monopol gebracht: 70 Prozent aller Klinikmedikamente und 50 Prozent aller verschriebenen Arzneimittel werden heute vom Hersteller geliefert.

Die Untersuchungen waren eingeleitet worden, nachdem ein Fernsehbeitrag darüber berichtet hatte, dass Sopharma seine Produkte auf dem Heimatmarkt bis zu dreifach teurer verkauft als in der Türkei oder in Serbien.

In der Presse dürfte es jetzt erbitterte Auseinandersetzungen zum Thema geben. Denn seit kurzem ist Donev selbst auch noch Medienmogul: Zusammen mit einer Käufergruppe um den österreichischen Politiker Karl von Habsburg hatte der Unternehmer für 40 Millionen Euro das Bulgariengeschäft der WAZ-Mediengruppe erworben. Die Parteien sind heute bis aufs Messer zerstritten, auch wegen vermeintlicher Geldwäschegeschäfte: Gegenüber dem „Standard“ bezeichneten die Wiener Investoren ihren Partner als „unheimlich und kriminell“.