Schweiz

Ärztenetzwerke verdienen an Verschreibungen Julia Pradel, 19.10.2012 17:34 Uhr

Arzneimittel vom Arzt: In der Schweiz übernehmen die Ärzte das Dispensieren und verdienen an Verträgen mit den Krankenversicherungen. Foto: Elke Hinkelbein
Berlin - 

Arzneimittel direkt vom Arzt – dieser Vorschlag wurde gerade auf dem Deutschen Apothekertag (DAT) diskutiert. In der Schweiz ist das in zahlreichen Kantonen schon realisiert. Ärzte dürfen dispensieren – nun machen sie daraus ein Geschäft: Die Ärztenetzwerke schreiben Wirkstoffe aus und verordnen dann bevorzugt das Gewinnerpräparat. Die Versicherungen sparen durch das Verfahren, und beteiligen die Ärzte an dem Gewinn. Politiker fordern nun, die Einsparungen den Patienten zukommen zu lassen. Apotheker kritisieren das Verfahren, weil wirtschaftliche Anreize die Wahl des Arzneimittels bestimmen.

Vorreiter des Modells ist das Ärztenetzwerk Medix mit rund 200 Ärzten. 2005 wurde für Säureblocker ein einheitliches Vorgehen entwickelt. Zunächst wurde der kostengünstigste Wirkstoff – Omeprazol – als Vorzugswirkstoff eingesetzt. Anschließend entschieden drei Netzwerke, Omeprazol auszuschreiben und dadurch vergünstigt einzukaufen.

In den nächsten drei Jahren konnten Medix zufolge die Ausgaben um 14 bis 25 Prozent reduziert werden. Das nahmen die Netzwerke zum Anlass, um mit den Kassen zu verhandeln. Denn bislang profitiert ein Arzt nicht davon, günstige Arzneimittel abzugeben: Mit einem niedrigeren Preis sinkt auch seine Marge.

Bis 2010 konnten die Ärztenetzwerke mit sechs Krankenversicherungen Verträge abschließen, um die Einsparungen aufzuteilen. Das Modell macht die Runde: Inzwischen haben sich fünf Ärzteverbünde und weitere Versicherungen dafür entschieden, ebenfalls Verträge abzuschließen.

Um die Einsparungen aus diesen Vereinbarungen wird nun diskutiert: Politiker fordern, dass die Rabatte voll den Krankenversicherungen und über niedrigere Prämien den Patienten zukommen sollen. Bislang sind die Vereinbarungen zwischen Versicherern und Ärzten geheim. Auch das solle sich ändern, verlangt die Sozialdemokratische Partei der Schweiz.

Auch beim Schweizer Apothekerverband PharmaSuisse sieht man die Verträge kritisch: Man stelle sich gegen einen Ansatz, bei dem nicht das Patientenwohl, sondern monetäre Anreize die Wahl des Arztes bestimmen, so ein Sprecher des Verbands. Die Medikamentenwahl müsse stets individuell auf den jeweiligen Patienten abgestimmt sein.

Da die Verträge geheim seien, lasse sich nicht sagen, wie viele Ärztenetzwerke, Krankenversicherungen und damit letztendlich Patienten durch die Regelungen betroffen seien, kritisiert ein PharmaSuisse-Sprecher. Es fehle an Transparenz.

Bei Medix betont man, dass der Austausch keine Pflicht sei. Man habe sich auf einen „medizinischen Therapiekonsens“ geeinigt, so ein Sprecher des Ärztenetzwerks. Anschließend werde das preiswerteste Präparat empfohlen, es müsse jedoch nicht zwangsweise abgegeben werden.