Ärzte mit Hausapotheke verschreiben mehr APOTHEKE ADHOC, 24.10.2017 11:48 Uhr
Ärzte mit eigener Apotheke verschreiben mehr Medikamente. Eine Studie belegt, dass zwar besonders Spezialisten, aber auch Hausärzte damit die Gesundheitskosten in die Höhe treiben. Hochgerechnet verursacht die Medikamentenabgabe durch Haus- und Fachärzte demnach Mehrkosten von rund 300 Millionen Franken jährlich.
Medikamentenkosten gehören nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Schweiz zu den größten Ausgabeposten im Gesundheitswesen. Laut der Studie verursachen Ärzte mit eigener Apotheke besonders hohe Kosten. Die in der Schweiz fast in allen Kantonen erlaubte Selbstdispensation erhöht demnach die Medikamentenkosten bei Hausärzten um 51 Prozent und bei Fachärzten um 32 Prozent. Das ist das Ergebnis einer Studie der Ökonomen Daniel Burkhard, Christian Schmid und Kaspar Wüthrich.
Demnach sollen die Mehrkosten vor allem darauf zurückzuführen sein, dass schlicht mehr Medikamente verschrieben würden. Hochgerechnet verursache die Medikamentenabgabe durch Haus- und Fachärzte demnach zusammengerechnet jährliche Mehrkosten von rund 300 Millionen Franken. Das soll etwa einem Prozent der Krankenkassenbeiträge entsprechen.
Ein Grund für die Verschreibung von mehr Medikamenten vermuten die Autoren der Studie offenbar im finanziellen Anreiz, da die Ärzte mit einer gesetzlich geregelten Vertriebsmarge, die auf den Herstellerabgabepreis aufgeschlagen wird, mitverdienen.
Der Ärzteverband FMH findet die Studie „fragwürdig und unvollständig“, so Vorstandsmitglied Urs Stoffel gegenüber der Schweizer Zeitung „Der Blick“. Wichtige Faktoren würden ignoriert. Eine Studie des Bundesamts für Gesundheit habe nämlich das Gegenteil ergeben. Die Medikamentenkosten seien eben genau in Kantonen ohne Selbstdispensation deutlich höher, so beispielsweise in der Westschweiz. Denn „Ärzte haben eine bessere Kontrolle darüber, wie viele Medikamente sie verschreiben, ob die Patienten die Medikamente richtig einnehmen und wie sie wirken“, sagte Stoffel der Zeitung.
Die Autoren der Studie widersprechen und verteidigen ihre Ergebnisse. Der Befund sei „unumstößlich“, werden sie auf blick.ch zitiert. Die Westschweiz sei bewusst nicht einbezogen worden, weil die Medikamentenpreise in der Französischen Schweiz, wozu unter anderem die Westschweiz gehört, aus „kulturellen“ Gründen höher seien. Angesichts der Erhöhung von Kassenbeiträgen um 4 Prozent für 2018 heizt die vorliegende Studie die Debatte um die Medikamentenabgabe weiter an.
Die ärztliche Medikamentenabgabe ist in 17 von 19 Deutschschweizer Kantonen zulässig. Dabei bestehen allerdings noch bis 2018 gewisse Einschränkungen in den Kantonen Bern, Graubünden und Schaffhausen. In den Kantonen Aargau und Basel ist die Selbstdispensation nicht üblich. Auch in der Westschweiz und im Tessin ist diese Form der Medikamentenabgabe nicht bekannt. Insgesamt gibt es in der Schweiz 5830 dispensierende Ärzte. Ihnen gegenüber stehen 1792 Apotheken.