Amazon hat in Großbritannien in den Essenlieferanten Deliveroo investiert und damit das britische Kartellamt auf den Plan gerufen. Zwar hat sich der Versandhandelsgigant nicht die Kontrolle über Deliveroo gesichert. Dennoch befürchtet die Competition and Markets Authority (CMA), dass sich das Investment zu Ungunsten der britischen Verbraucher auswirken könnte und hat beiden Unternehmen eine Frist gesetzt.
Im Mai hatte Amazon bei einer Finanzierungsrunde über 575 Millionen Dollar (518 Millionen Euro) zugeschlagen und wurde zum Lead Investor von Deliveroo. Damit hat der Konzern keine Mehrheit an Deliveroo und kann entsprechend keine Entscheidungen über den Kopf des Managements hinweg treffen. Dennoch dürfte der Einfluss groß genug sein, um entscheidende strategische Weichenstellungen mitzubestimmen.
Für die Wettbewerbshüter beginnt hier schon das Problem. Denn die beiden Unternehmen seien bisher in einigen Märkten als Konkurrenten aufgetreten. So war Amazon in Großbritannien bis 2018 in der Auslieferung von Restaurantessen aktiv. „Obwohl Amazon sein Restaurantgeschäft geschlossen hat, glaubt die CMA, dass aus internen Geschäftspapieren eindeutig hervorgeht, dass Amazon ein starkes, fortgesetztes Interesse an diesem Sektor hat und die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass es versuchen wird, wieder in das Geschäft einzusteigen“, so die Behörde in einer Mitteilung. Angesichts der geringen Zahl an Essensauslieferern auf dem britischen Markt würde dieser Wiedereintritt den Wettbewerb erheblich anfeuern, so die CMA.
Darüber hinaus zeigt sich die Behörde besorgt, dass die Amazon-Investition den wachsenden Markt für die Schnelllieferung von Supermarktprodukten – hierzulande vor allem als AmazonFresh bekannt – beeinträchtigen könnte. Auch wenn verschiedene Supermarktketten und andere Unternehmen das Konzept ausprobieren, seien Amazon und Deliveroo zwei der größten Akteure auf diesem Markt. „Zwar gibt es einige Unterschiede in den Dienstleistungen, die Amazon und Deliveroo den Kunden anbieten, das CMA ist jedoch der Auffassung, dass sich der Wettbewerb intensivieren könnte, wenn der Markt wächst“, so die Wettbewerbshüter.
Die Folge, die das hätte, benennt die CMA konkret: „Wenn der Deal in seiner jetzigen durchgeführt, gibt es ein erhebliches Risiko, dass das für Kunden, Restaurants und Supermärkte am Ende höhere Preise und niedrigere Qualitätsstandards bedeutet, wenn sich der Markt weiter entwickelt“, so die CMA-Direktorin Andrea Gomes da Silva.
Die CMA hat dem Versender und dem Auslieferer am Mittwoch eine Frist von fünf Tagen gegeben, um die angebrachten Bedenken durch rechtlich verbindliche Vorschläge zu auszuräumen. Die Behörde werde diese Vorschläge dann innerhalb einer Woche prüfen und entscheiden, ob sie sie für überzeugend befindet. Sind sie das nicht, werde das eine tiefergehende Untersuchung der Behörde zur Folge haben, an deren Ende eine Kartellstrafe stehen könnte.
Beide Unternehmen haben angekündigt, umfassend mit der CMA kooperieren zu wollen – und gleichzeitig beteuert, dass die Investition keine negativen Folgen haben werde. „Ein heimisches Unternehmen wie Deliveroo sollte eigentlich breiten Zugang zu Investoren und Unterstützern haben“, so ein Amazon-Sprecher. „Amazon glaubt, dass diese Investition zu mehr Innovationen zugunsten der Verbraucher führen wird, indem es Deliveroo ermöglicht, seinen Weltklasse-Service auszubauen und im Bereich Restaurantauslieferung wettbewerbsfähig zu bleiben.“
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