Achtungszeichen für Paracetamol APOTHEKE ADHOC, 21.09.2016 09:04 Uhr
Das kanadische Gesundheitsministerium hat neue Vorschriften zur Etikettierung von Paracetamol-Präparaten erlassen. Auf Verpackungen mit dem am häufigsten verwendeten Schmerzmittel und Fiebersenker müssen zukünftig Warnhinweise stehen. So soll Leberschäden vorgebeugt werden, die seit Jahren in Zusammenhang mit dem Analgetikum gebracht werden. Immer wieder kommt es zu Überdosierungen, weil Patienten unwissentlich verschiedene Paracetamol-haltige Präparate kombinieren. Die Regelung gilt für neue Produkte unverzüglich, die Label der bereits erhältlichen Medikamente müssen innerhalb der nächsten 18 Monate geändert werden.
Laut Health Canada wenden die meisten Patienten Acetaminophen, wie der Arzneistoff in Nordamerika genannt wird, adäquat an. Es kann dennoch zu Risiken kommen, wenn sie das OTC-Arzneimittel länger einnehmen als verordnet. Dazu zählen Leberschäden, die in schlimmsten Fällen zu Leberinsuffizienz oder zum Tod führen können. Health Canada beziffert rund 4500 Krankenhausaufenthalte pro Jahr, die auf eine Überdosis an Paracetamol-haltigen Medikamenten zurückzuführen sind.
Die Hinweise, die in breiter roter Schrift auf der Frontseite der Verpackung stehen sollen, warnen die Patienten davor, die wirksamste, doch zugleich geringste Dosis an Paracetamol zu verwenden. Die Dosisgrenze von vier Gramm für Erwachsene und pro Tag sollte nicht überschritten werden. Zudem sollen die Präparate nicht länger als fünf Tage bei Schmerzen und drei Tage bei Fieber angewandt werden. Außerdem raten die Warnweise von einer Einnahme in Kombination mit alkoholischen Getränken ab.
In Kanada gibt es mehr als 475 verschiedene Paracetamol-haltige Medikamente, die meisten von ihnen sind OTC-Präparate. Viele von ihnen sind Kombinationspräparate wie zum Beispiel Nyquil von Proctor & Gamble sowie Neocitran von Novartis.
Ab 2021 soll es auf den Verpackungen zusätzlich zu den Warnungen und Verbraucherhinweisen eine Wirkstoff-Tabelle geben. Die Änderungen sind das Ergebnis eines von Health Canada lancierten Sicherheitsberichts zu Paracetamol aus dem vergangenen Jahr. Darin werden mehr als 250 Fälle von ernsthaften Leberschäden aufgelistet, die jedes Jahr aufgrund von Acetaminophen auftreten.
Rund 20 Prozent der erwähnten Fälle rühren daher, dass Patienten unabsichtlich die vorgegebenen Dosierungen überschreiten. In vielen Fällen wiesen die Betroffenen erkennbare Risikofaktoren wie Alkoholismus oder eine virale Lebererkrankung auf.
In Kanada sind derzeit 325 bis maximal 500 Milligramm Paracetamol in einer Einzeldosis enthalten. Es ist nach wie vor eines der meistverkauften Arzneimittel weltweit. Seinen Platz als Schmerzmittel Nummer 1 musste es allerdings an abgeben.
Hierzulande ist Paracetamol in verschiedenen Darreichungsformen, beispielsweise als Zäpfchen, Kapsel, Tabletten oder Sirup erhältlich. Die Dosierung erfolgt abhängig von Alter und Körpergewicht. Für Erwachsene gilt eine maximale Tagesdosis von 4 Gramm, Kleinkinder sollten maximal 1 Gramm am Tag einnehmen.
2008 wurde die Großpackung mit 30 Tabletten der Verschreibungspflicht unterstellt. Am 1. April 2009 verschwanden die Produkte aus der Sichtwahl: Fertigarzneimittel, die mehr als 10 Gramm Paracetamol pro Packung enthalten, sind seitdem nur noch auf Rezept erhältlich.
Auch in anderen Ländern wurden Konsequenzen aus den vielen Missbrauchsfällen gezogen. In Schweden wurden orale Arzneiformen vor einem Jahr wieder der Apothekenpflicht unterstellt. In den USA ist seit 2011 der Wirkstoffgehalt pro Einzeldosis auf 325 mg beschränkt, außerdem hat die Arzneimittelbehörde FDA Tropfen mit mehr als 160 Milligramm pro 5 Milliliter vom Markt verbannt, um Verwechslungen mit Säften zu vermeiden. Außerdem sollen die Hersteller klare Warnhinweise geben und Dosierhilfen beifügen.