Die illegale Herstellung des verbotenen Betäubungsmittels Methylamphetamin (Crystal Meth) aus dem Wirkstoff Pseudoephedrin ist in Tschechien bereits seit längerer Zeit ein Problem. Nun wurde ein Apothekenbesitzer aus Prag wegen illegalem Handel mit Pseudoephedrin-haltigen Medikamenten zu acht Jahren Gefängnis unter verschärftem Vollzug verurteilt.
Der russische Arzt muss zusätzlich umgerechnet knapp 118.000 Euro Strafe zahlen. Dem Mann wird vorgeworfen, in nur drei Jahren rund sechs Millionen Tabletten mit Pseudoephedrin an vier Personen verkauft zu haben. Zudem hat er laut Apothekerkammer - entgegen der Vorschrift - keinen verantwortlichen Apotheker beschäftigt.
In Tschechien ist Fremdbesitz erlaubt, die Eigentümer müssen allerdings einen verantwortlichen Apotheker einstellen. Der Arzt habe lediglich einen jungen Absolventen ohne Berufserfahrung beschäftigt, der nichts von den Pseudoephedrin-Aktivitäten seines Chefs gewusst habe, so Kammerpräsident Stanislav Havlàček gegenüber APOTHEKE ADHOC. Vor Gericht musste sich der junge Apotheker nicht verantworten, wurde von der Kammer allerdings mit einer Strafe von 1000 Euro belegt.
Havlàček gibt dem Fremdbesitz eine Mitschuld an dem aktuellen Fall. „Es gibt viele Gefahren, die mit der fehlenden Regulierung des Apothekenbesitzes zusammenhängen.“ Die Inhaber hätten freie Hand alles zu tun, so Havlàček. Die Kammer fordert deshalb eine Verschärfung der Vorschriften.
Davon, dass der Gesetzgeber ein Fremdbesitzverbot einführt, können die tschechischen Apotheker nach Ansicht von Havlàček allerdings nur träumen. Die Kammer stellt sich deshalb ein System vor, bei dem dem Besitzer lediglich die Vermietung seiner Apotheke an einen verantwortlichen Apotheker erlaubt sein soll. „Dem Besitzer sollte es nicht gestattet sein, die Geschäfte zu organisieren und zu manipulieren“, so Havlàček.
Die Prager Apotheke ist kein Einzelfall. Insgesamt wurden im Laufe der Ermittlungen bei 18 der insgesamt 2500 tschechischen Apotheken ein übermäßiger Verkauf der Präparate festgestellt. Zwölf der Apotheken haben nach einer Verurteilung durch die Kammer ihre Aktivitäten mit Pseudoephedrin inzwischen eingestellt. Gegen zwei Apothekeninhaber wurde ein Berufsverbot verhängt. Die anderen mussten mehrere tausend Euro Strafe zahlen. Gegen einen Inhaber laufen weiterhin Ermittlungen, ein anderer ist inzwischen verstorben, ein weiterer in der Psychiatrie.
Der illegale Handel mit Pseudoephedrin ereignete sich in den Jahren 2007 und 2008 - damals war der Vertrieb in Tschechien nicht beschränkt. Anfang 2009 wurde der Wirkstoff der Verschreibungspflicht unterstellt. Allerdings dürfen 30 Tabletten mit Pseudoephedrin im Monat rezeptfrei gekauft werden. Die Abgabe darf nur durch einen Apotheker erfolgen. Die Patienten müssen zwar ihren Personalausweis vorlegen, die Daten werden aber nicht zentral gespeichert.
Die Kammer würde Pseudoephedrin am liebsten komplett vom Markt verbannen. Zumindest müsste es aber eine generelle Verschreibungspflicht geben, so Havlàček. Allerdings haben die Maßnahmen des vergangenen Jahres bereits Wirkung gezeigt: Die Verkäufe sind im Vergleich zum Vorjahr nach Angaben von Havlàček um 80 Prozent zurückgegangen. Mittlerweile werde Pseudoephedrin vor allem aus Polen und Deutschland geschmuggelt.
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