USA

Abzocke durch Phantom-Apotheken Janina Rauers, 16.04.2010 20:06 Uhr

Berlin - 

Die US-Gesundheitsbehörden haben derzeit Ärger mit so genannten „Phantom-Apotheken“. Charakteristisch ist die gespenstische Leere: In den Regalen fehlen Medikamente, Mitarbeiter sucht man vergebens, auch Kunden sind Fehlanzeige. Trotzdem rechnen diese unechten Apotheken Arzneimittel ab und betrügen das staatliche Versicherungssystem Medicare um Millionen US-Dollar jährlich.

Die Betrüger gehen stets ähnlich vor: Zunächst erschleichen sie sich die Abrechnungsdaten von Patienten - meist Senioren oder Immigranten. Anschließend mieten sie ein Ladenlokal an und schreiben Rechnungen. Fliegen die falschen Erstattungsanträge auf, sind die Scheinapotheken längst geschlossen und die Betreiber spurlos verschwunden. Manche „Apotheke“ existiert nur wenige Tage.

Den Betrügern spielt ein Gesetz in die Hände, nach dem die Versicherung online eingereichte Rechnungen der Apotheken innerhalb von zwei Wochen begleichen müssen. Die Frist für postalisch eingesandte Forderungen beträgt 30 Tage.

In einem Brief an die US-Gesundheitsministerin Kathleen Sebelius macht Senator Charles Grassley aus Iowa auf acht Schein-Apotheken aus Miami und Los Angeles aufmerksam, die 2008 aufgeflogen waren. Ein Betrüger aus Miami hatte in weniger als drei Monaten 245.000 Dollar eingestrichen, ehe er sich mit einem Ticket nach Europa absetzte.

Eine andere Phantom-Apotheke aus Miami bestand nur zwei Tage, rechnete aber in dieser Zeit HIV-Medikamente im Wert von 106.000 US-Dollar ab. Erst nachdem ein Nachbar bestätigte, dass die auffallend teure Apotheke gar nicht existierte, stoppte der Versicherer die Zahlungen.

Wesentlich länger hielten sich zwei Phantom-Apotheken aus Los Angeles: Jeweils anderthalb Jahre lang stellten sie derselben Versicherung hohe Rechnungen aus. Ein Betrüger forderte 1,3 Millionen Dollar - doppelt so viel wie eine benachbarte Filiale der Apothekenkette Rite Aid. Die zweite Schein-Apotheke rechnete 5 Millionen Dollar ab; bei einer Betriebsprüfung flog der Schwindel auf. Der Betrüger meldete Insolvenz an und verwehrte dem Versicherungsunternehmen damit den Zugang zu den Akten oder zu Entschädigungen.

Das betrogene Versicherungsunternehmen hatte sich vor mehr als einem Jahr erstmals an die zuständigen Behörden von Medicare sowie das US-Gesundheitsministerium gewandt. Eine Reaktion blieb bislang aus; nach dem Schreiben des Senators will das Gesundheitsministerium jetzt die Anschuldigungen prüfen.