Abgabefehler: Straffreiheit für Apotheker APOTHEKE ADHOC, 17.03.2018 09:51 Uhr
Britische Apotheker und ihre Angestellten werden bei falscher Medikamentenabgabe unter bestimmten Bedingungen künftig vor strafrechtlicher Verfolgung geschützt. Königin Elizabeth II unterzeichnete das Gesetz der konservativen Regierung, in Kraft treten wird es voraussichtlich im April.
Um bei unbeabsichtigten Abgabefehlern straffrei auszugehen, müssen Apotheker und ihre Mitarbeiter aus Apotheken nachweisen, dass sie im „Rahmen der Ausübung ihres Berufs“ gehandelt haben. Das berichtet das britische Branchenmagazin Chemist + Druggist. Dazu gehört, dass sie Medikamente aufgrund eines Rezepts oder gemäß der auf die jeweilige Patientengruppe zugeschnittenen Richtlinie („patient group directive“) verkauft oder abgegeben haben, und dass sie den Patienten umgehend informiert haben, sobald ein Irrtum entdeckt wurde.
Strafrechtliche Maßnahmen sollen künftig nur greifen, wenn „zweifelsfrei“ nachgewiesen kann, dass Apotheker ihr fachliches Können „für unrechtmäßige Zwecke“ missbraucht oder „vorsätzlich die Patientensicherheit missachtet“ haben.
Das von Gesundheitsminister Jeremy Hunt erarbeitete Gesetz gehört zu einem Aktionspaket zur Eindämmung von Medikationsfehlern. Damit sollten die „Schädigungen und Todesfälle“ von Patienten bekämpft werden, die „völlig vermeidbar wären“, so Hunt. Sein Ministerium ergänzte, die Maßnahmen würden Apothekenmitarbeiter mit anderen Gesundheitsberufen gleichstellen und künftig dazu beitragen, dass mehr Fehler gemeldet werden. So werde es dem britischen Gesundheitsdienst NHS ermöglicht, daraus zu lernen „und eine Kultur der Offenheit und Transparenz“ zu schaffen. Die Ausweitung der neuen Bestimmungen auf Pharmazeuten, die in Krankenhäusern oder anderen pharmazeutischen Einrichtungen arbeiten, werde gerade geprüft.
Zu den weiteren Maßnahmen zählt die Schaffung eines neuen Computersystems, das Daten über Medikamentenverordnungen mit Krankenhausaufnahmen abgleichen soll. So könne herausgefunden werden, ob für die Einlieferung womöglich ein falsches Rezept oder Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln verantwortlich sei. Zudem wolle man die Einführung des elektronischen Verschreibungssystemen in weiteren Krankenhäusern des NHS forcieren. Das könne Irrtümer um bis zu 50 Prozent reduzieren.
Eine neue Querschnittsstudie der Universitäten in Sheffield, York und Manchester kam auf geschätzte 237 Millionen Medikationsfehler in England pro Jahr. 16 Prozent entfallen dabei auf Abgabefehler, 21 Prozent auf falsche Verschreibungen, 54 Prozent auf Verwaltungsfehler. 1708 Todesfälle hätten „definitiv vermieden“ werden können, so die Autoren. 72 Prozent aller Fehlabgaben hätte jedoch kaum oder überhaupt keinen Schaden angerichtet und nicht all dieser Irrtümer hätten überhaupt den Patienten erreicht. Die Autoren räumen jedoch ein, dass die 36 hier ausgewerteten Studien bereits mindestens zehn Jahre alt sind und nicht unbedingt den aktuellen Stand in den Gesundheitseinrichtungen wiedergeben.
Die Sicherheit der Patienten sei „tief im Bewusstsein der Vor-Ort-Apotheker verwurzelt, die mehr als eine Milliarde Medikamente auf Rezept abgeben“, sagte dazu Leyla Hannbeck, die leitende Pharmazeutin des britischen Apothekervereinigung NPA. Es werde geschätzt, dass die Apotheker bei 6,6 Millionen dieser Verordnungen Rücksprache halten und so Fehlabgaben vermeiden, die sonst zu ernsthaften Schäden hätten führen können.