Die EU-Kommission hat eine Strafe von 5 Millionen Euro gegen die französische Apothekerkammer und ihre Führungsgremien wegen Wettbewerbsverzerrung verhängt. Der Kammer wird vorgeworfen, auf dem französischen Markt für biomedizinische Analysen Mindestpreise durchgesetzt und die Entwicklung von Laborgruppen auf diesem Markt verhindert zu haben.
„Eine Vereinigung, die private Interessen vertritt und schützt, darf sich nicht staatliche Befugnisse anmaßen und eigene Vorschriften zur Einschränkung des Wettbewerbs über die Preise dort erlassen und so die Unternehmensentwicklung auf dem Markt über das gesetzliche Maß hinaus behindern“, sagte Joaquín Almúnia, Vizepräsident der Kommission für Wettbewerbspolitik. Die Kammer habe das europäische Recht zu achten.
In Frankreich überwacht die Kammer sowohl die Apotheken als auch die Labore für biomedizinische Analysen. Seit Oktober 2003 seien die Beschlüsse der Kammer systematisch auf Unternehmen ausgerichtet gewesen, die Laborgruppen angehörten, so der Vorwurf der Kommission. Die Kammer habe ihre disziplinarischen Befugnisse systematisch genutzt oder gedroht, diese einzusetzen, wenn ihren Weisungen nicht Folge geleistet würde.
Zudem soll die Kammer zwischen 2004 und 2007 Beschlüsse zur Durchsetzung von Mindestpreisen insbesondere zum Nachteil öffentlicher Krankenhäuser und öffentlicher Krankenversicherungen gefasst haben. Sie soll laut Kommission versucht haben, Nachlässe von mehr als 10 Prozent auf die öffentlichen Preise der Privatunternehmen im Rahmen von Verträgen zu verbieten.
Nach Angaben der Kommission liegen die Preise für die am häufigsten vorkommenden biomedizinischen Analysen in Frankreich bis zu zwei- bis dreimal höher als in anderen Mitgliedstaaten. Das Verhalten der Kammer habe Patienten und den Staat geschädigt, so die Kommission. Hätte Wettbewerb geherrscht oder hätte sich dieser entfalten können, wären die Preise für medizinische Analysen geringer gewesen. Die Kammer wurde aufgefordert, das fragliche Verhalten sofort einzustellen.
Ausgangspunkt der Untersuchung war eine Beschwerde, die die Labco-Gruppe, ein Verbund von Diagnostik- und Labordienstleistern, im Oktober 2007 bei der Kommission eingereicht hatte. Die Apothekerkammer wurde im April 2008 aufgefordert, Stellung zu den Vorwürfen zu nehmen. Im November 2008 führte die Kommission eine Nachprüfung in den Räumlichkeiten der Kammer durch.
Die Kommission verwechsele das Recht des gewöhnlichen Marktes mit dem Recht auf Gesundheitsschutz, hatte Kammerpräsident Jean Parrot seinerzeit angeführt. Da ihre Mitglieder wirtschaftlich tätig sind, sehen die Brüsseler Wettbewerbshüter die Kammer allerdings als Unternehmensvereinigung an. Die Kommission macht eigenen Angaben zufolge erstmalig von ihrer Möglichkeit Gebrauch, gegen eine Unternehmensvereinigung eine Geldbuße zu verhängen.
Für die Kammer könnte es nicht bei den 5 Millionen Euro bleiben. Denn Personen oder Unternehmen, die sich von dem gerügten Verhalten betroffen sehen, können nun auf Schadenersatz klagen. Bei der Kammer war bislang noch niemand zu den aktuellen Entwicklungen zu erreichen.
APOTHEKE ADHOC Debatte