Der Disziplinarrat der Österreichischen Apothekerkammer hat die Versandapotheke Medistore wegen Verstoßes gegen die Berufsordnung zu einer Strafe von 40.000 Euro verurteilt. Doch Medistore will das nicht auf sich sitzen lassen und wehrt sich rechtlich: Notfalls wolle man die Kammer bis vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zerren, sagt Geschäftsführer Rudolf Mather. Er sieht in dem Vorgehen eine Benachteiligung österreichischer Apotheken gegenüber der ausländischen Konkurrenz.
Die Situation ist paradox, kritisiert Mather: Während ausländische Versandapotheken im ganzen Land mit ihren Preisen werben dürfen, macht die Berufsordnung den inländischen Apothekern strikte Vorschriften. So dürfen Apotheken nur im direkten geographischen Umfeld für sich werben – ein Schild mit der Aufschrift „Hier geht’s zur Apotheke“ im Dorf ist also in Ordnung, Radio- oder gar Fernsehwerbung hingegen nicht. Vollkommen tabu ist hingegen die Werbung über Preise.
Medistore hat das trotzdem getan. Vergangenen Sommer schaltete die Versandapotheke eine Radiowerbung und rief damit einen Apothekeninhaber auf den Plan, der den zur Wiener Stern-Apotheke gehörenden Versender bei der Kammer anzeigte. Der Fall ging vor den Disziplinarrat der Apothekerkammer und mit ihm Michael Kuhn, Konzessionär der Stern-Apotheke. Kuhn musste sich auch für unzulässige Preiswerbung verantworten. Fünf Fälle hatte der Kläger dort vorgelegt: Unter anderem stand auf der Medistore-Seite „Aspirin Plus C für 9,99 Euro statt 17,40 Euro“ geschrieben. Auch das ist in Österreich verboten.
Der Disziplinarrat verurteilte Kuhn zu einer Strafe von knapp 40.000 Euro – doch das wollen weder er noch Mather auf sich sitzen lassen. Kuhn legt Berufung ein, der Fall soll nun vor den Landesverwaltungsgerichtshof Wien gehen: Denn, so argumentiert Mather, die antiquierten Standesregeln würden zu „einer regelrechten Diskriminierung durch die eigene Standesvertretung“ führen. Parallel dazu bereite er gerade eine Klage vor dem Verfassungsgericht vor. Dort werfen sie der Kammer die Nichtumsetzung der EU-Harmonisierungsbestimmungen in ihren Standesrichtlinien vor.
Mather empfindet die Regeln der österreichischen Berufsordnung als absurde Benachteiligung der inländischen Betriebe: Denn seit 2015 ist der OTC-Versand zwar erlaubt, allerdings gelten für Versandapotheken, die wie hierzulande stets an eine Vor-Ort-Apotheke angebunden sein müssen, dieselben Regeln wie für Präsenzapotheken. „Das ist idiotisch, denn eine Versandapotheke hat ja keinen lokalen Versorgungsauftrag“, sagt Mather. „Die holländische Shop-Apotheke macht in Österreich Radio- und TV-Werbung und wir als Nummer 1 unter den österreichischen Versandapotheken werden dafür bestraft.“
Das sei wettbewerbsverzerrend, die Standesvertretung behindere die eigenen Mitglieder an der erfolgreichen Marktteilnahme. „Die normierten und nur für österreichische Apotheken geltende Verbote, mit Preisen und Preisnachlässen zu werben, stellen spätestens seit der Liberalisierung des Onlinehandels eine durch nichts argumentierbare Inländerdiskriminierung dar“, so Mather. „Wir werden diese Ungerechtigkeit nun mit juristischen Mitteln zu beseitigen versuchen.“
Der OTC-Versand ist in Österreich seit 2015 erlaubt. Marktführer ist die Shop-Apotheke, Medistore ist nach Angaben Mathers der größte einheimische Versender, weitere aktive Versandhändler sind Vamida/Apobag, Apotheke.at sowie Apo-Rot, Zur Rose und Servus-Apotheke. Einen Verbündeten hat Mather in der Bundeswettbewerbsbehörde: Die moniert bereits seit 2018, dass einheimische Versender der Berufsordnung wegen „erhebliche Wettbewerbsnachteile“ ertragen müssten. Dass er die Regeln allzu schnell zu Fall bringen könnte, glaubt Mather allerdings nicht. „Wir werden uns noch mindestens zwei Jahre gedulden müssen“, sagt er mit Blick auf den weiteren juristischen Weg. „Die wollen uns ausbremsen.“
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