Mehr Infos, mehr Testregionen

Zweifel an ePA: Kassen klären auf Laura Schulz, 05.11.2024 10:55 Uhr

Die Patientenakte kommt. Informieren sollen die Krankenkassen ihre Versicherten und kommen dem nun nach. Die Modellregionen werden für die vierwöchige Startphase ausgeweitet. Foto: Andrea Gaitanides - stock.adobe.com
Berlin - 

Zum Jahreswechsel startet die elektronische Patientenakte (ePA) als „ePA für alle“ und mit Opt-out-Lösung. Die Betriebskrankenkassen (BKKen) sehen dies als große Chance für die Digitalisierung des Gesundheitswesens und für eine bessere Versorgung. Bis Mitte Januar 2025 müssten nun aber bestehende „Kinderkrankheiten“ beseitigt und die Nutzerfreundlichkeit verbessert werden, fordert der BKK Dachverband. Für mehr Testerfahrungen aus der Praxis kommt nun NRW als Modellregion hinzu.

Ob die ePA zum Erfolg wird, hänge von der Aufgeschlossenheit der Leistungserbringer und der Versicherten ab. Letztere widersprechen der kommenden ePA bisher kaum, bei der Akzeptanz fehlt es aber trotzdem. Zu tun gebe es aus Sicht der BKKen noch einiges. So müssten Praxen technisch in der Lage sein, die ePA aus ihren Praxisverwaltungssystemen (PVS) heraus bedienen zu können, was entsprechendes Engagement bei PVS-Anbietern, aber auch beim Praxispersonal erfordere.

„Leistungserbringer und Versicherte müssen Lust auf die ePA bekommen und die Vorteile für sich erkennen können und zu nutzen wissen, damit die ePA in Zukunft richtig durchstarten kann“, sagt Anne-Kathrin Klemm, Vorständin des BKK Dachverbandes. Dabei würden die Vorteile einer gut geführten digitalen Akte auf der Hand liegen. Patient:innen hätten immer alles beisammen, Praxen seien über alles informiert – „Und in den Apotheken kann künftig leichter über Multimedikation und Nebenwirkungen beraten werden“, so Klemm.

Nun gelte es, aufzuklären: „Eine hundertprozentige Datensicherheit gibt es nicht, da darf man den Versicherten auch keinen Sand in die Augen streuen. Aber: Die ePA ist der sicherste Ort, den wir haben, um Gesundheitsdaten speichern und verarbeiten zu können.“ Die Versicherten hätten volle Kontrolle über ihre Daten.

Verifikations-Hürde abbauen

Aber auch die Nutzerfreundlichkeit sei essenziell für die Akzeptanz: „Wir brauchen so wenig Hürden wie nötig und so viel Mehrwert wie möglich. Deshalb ist es auch wichtig, dass die Versicherten, die sich künftig für die Nutzung ihres elektronischen Personalausweises als Verifikationsinstrument entscheiden, um sich damit in der ePA-App ihrer Krankenkasse anzumelden, dies so einfach wie möglich tun können.“

Hier sei die Bundesregierung gefordert, denn der Dienst zum Zurücksetzen der Online-PIN wurde Anfang des Jahres ersatzlos gestrichen und müsse nun – weiterhin kostenfrei – wieder ermöglicht werden. „Hier wird am falschen Ende gespart und damit nicht nur die elektronische Patientenakte, sondern die gesamte Digitalisierung der deutschen Verwaltung ausgebremst“, warnt Klemm.

Zur ePA informieren derzeit auch die anderen Krankenkassen. „Durch die ‚ePA für alle‘ erhoffen wir uns, dass die individuelle medizinische Behandlung verbessert wird“, heißt es beispielsweise von Dr. Thomas Dietrich, Leiter der Kranken- und Pflegeversicherung Knappschaft. Die Kasse hat ihre Versicherten im Oktober angeschrieben und über die Vorteile berichtet.

Start zunächst in Modellregionen – NRW neu dabei

Ab dem 15. Januar wird die ePA zunächst in einer vierwöchigen Pilotphase im Praxisbetrieb erprobt, bevor sie anschließend bundesweit ausgerollt werden soll. Zu den bereits bestehenden Modellregionen der Gematik in Franken (Bayern) und Hamburg kommt nun auch Nordrhein-Westfalen dazu. Begleitet wird der Test in NRW in Abstimmung mit der Gematik von den Kassenärztlichen Vereinigungen Nordrhein (KVNO) und Westfalen-Lippe (KVWL) sowie der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW).

Die Einführung der ePA könne ein Wendepunkt und Meilenstein sein, weshalb die Begleitung des Einführungs- und Entwicklungsprozesses so wichtig sei, „damit sie bei voller Funktionsfähigkeit einen echten Mehrwert für Patientinnen und Patienten, Praxen und Krankenhäuser bieten kann“, so das Bündnis aus NRW. Bis zu 100 Praxen testen die ePA dann ab Mitte Januar. Hürden für die Arbeitsabläufe und in der Bedienbarkeit dürfe es dann nicht geben, um die Akzeptanz nicht zu gefährden.

Dr. Frank Bergmann, KVNO-Vorstandsvorsitzender, gibt zu bedenken: „Um das Potenzial der ePA ausschöpfen zu können, muss aber klar sein: Der volle Nutzen wird sich nicht von heute auf morgen, sondern erst nach und nach mit Befüllung der Aktensysteme und weiteren Funktionalitäten einstellen. Ebenso kann die ePA ihren Zweck nur dann erfüllen, wenn die Patienten aktiv an ihrer Akte mitwirken. Wenn sie Daten verbergen oder Befunde löschen, wird Potenzial verschenkt.“

Auch das Bündnis aus NRW bemängelt die kurze Dauer der Testphase der ePA, wie auch schon andere kritische Stimmen angemerkt haben.