„Wir sind die Deppen der Nation“ Sandra Piontek, 12.03.2024 15:14 Uhr
Thomas Herberger, Inhaber der St. Georgs-Apotheke in Kandel, ist stinksauer: „In allen Bereichen sind wir Apotheker nur noch die Deppen der Nation“, ärgert er sich. Denn: Statt endlich zeitgemäß entlohnt zu werden, drohen durch Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) weitere Kürzungen, ist sich Herberger sicher. „Und jetzt dürfen wir uns auch noch mit dem E-Rezept herumschlagen“, so der Apotheker. Es gebe aktuell weiterhin massive Probleme.
Weil es Herberger jetzt endgültig reicht, hat er sich mit einer Mail an seinen Landesapothekerverband und an die Abda gewandt. Er beschreibt darin die gegenwärtige Situation: Dass die Apotheken als „die Dummen“ dastehen, findet Herberger völlig inakzeptabel. „Ich rede gar nicht davon, dass viele Praxen einfach nur zu dumm oder zu ignorant sind, korrekte Verordnungen zu erstellen.“ Dabei gebe es gleich mehrere Probleme: „Fehlende Signatur oder die Verordnung von im Abda-Stamm gelöschter Artikel“ tauchten ebenso auf wie „Verordnungen mit nur einer einzigen Rezeptursubstanz als PZN-Verordnung statt einer korrekter Rezeptur“, berichtet Herberger. Dabei werde immer wieder behauptet, man habe die Rezepte richtig ausgestellt: „Wir werden dann wieder einmal als die Dummen hingestellt.“
„Ich rede auch nicht davon, dass eigentlich korrekt ausgestellte und von uns korrekt bearbeitete Rezepte immer wieder aus der Abrechnung fliegen“, so der Inhaber. „Möglicherweise verschwinden diese irgendwann komplett aus dem System, ohne dass wir es direkt feststellen, geschweige denn nachweisen könnten. Erste entsprechende Berichte dazu gab es ja schon“, so Herberger. Für ihn ist klar: „Auch so kann man einen ganzen Berufsstand ausbluten lassen und letztendlich wirtschaftlich vernichten.“
„Nein, heute rede ich davon, dass es die Gematik und andere involvierte Unternehmen wie Medisign nicht auf die Reihe bekommen, das System so stabil zu halten, dass wir vernünftig arbeiten können“, so die Ansage des Apothekers. Denn: „Gestern hatten wir einen halben Tag Ausfall, heute Morgen funktioniert der Abruf schon wieder nicht“, so das Fazit von gerademal zwei Tagen. Bei der Gematik hieß es entsprechend: „Weiterhin Probleme beim Abruf zwischen 8 und 9 Uhr.“ Herberger dazu: „Ich wusste gar nicht, dass auch digitale Anwendungen morgens Anlaufschwierigkeiten haben können. Vielleicht öffnen wir zukünftig erst ab 9 Uhr, vorher ist das ja witzlos. Dienst machen wir in der Zeit dann eben auch keinen mehr“, so seine Konsequenz.
Seine Frage an die Verantwortlichen: „Haben Sie eigentlich irgendeine Vorstellung davon, welchen finanziellen und Imageverlust dieses Theater jeden Tag verursacht?“ Wenn die Antwort „Ja“ sei, dann „fordere ich Sie dazu auf, umgehend etwas zu tun“, so Herberger. Denn: „Wenn die Technik nicht funktioniert, dann lösen wir halt keine E-Rezepte mehr ein.“ Er ist sich sicher: „Wenn wir nicht auf den Tisch hauen und uns notfalls durch Digitalstreik wehren, ändert sich sowieso nichts. Zumindest nicht zum Besseren.“
Zum Schluss: „Ich muss sicher nicht hinzufügen, dass ich wie viele andere derzeit darüber nachdenke, einfach den Schlüssel umzudrehen und der Poiltik und den Kassen das Götz von Berlichingen-Zitat entgegenzuwerfen“, so der Apotheker. Will heißen: „Vor Ihre Kaiserliche Majestät hab ich, wie immer, schuldigen Respekt. Er aber, sag’s ihm, er kann mich im Arsch lecken.“ So lautete der berühmte Satz, den Götz dem Anführer der überlegenen kaiserlichen Truppen zurief, in einem Theaterstück von Johann Wolfgang von Goethe.