„Wir können eigentlich zusperren“ Carolin Ciulli, 04.03.2024 10:37 Uhr
In zahlreichen Apotheken müssen Kundinnen und Kunden mit E-Rezepten vertröstet werden. Denn wegen einer Störung zwischen Gematik und medisign können aktuell keine digitalen Verordnungen mittels elektronischer Gesundheitskarte (eGK) ausgelesen werden. Eine „Katastrophe“, wie Inhaber berichten.
Die Störungen beim Einlösen von E-Rezepten häufen sich. Aktuell sind mehrere Warenwirtschaftssysteme betroffen. Auch wenn der TI-Monitor der Gematik grünes Licht anzeigt, geht vielerorts nichts mehr. „Wir können eigentlich zusperren“, sagt Apotheker Johannes Krötz. Der Inhaber der Apotheke am Maxfeld in Unterschleißheim ärgert sich über den Ausfall. Mindestens 80 Rezepte fehlten ihm dadurch bereits.
Grund für die Störung sind laut Gematik „starke Beeinträchtigung des OCSP-Responders des Trust Service Providers medisign bei der SMC-B/HBA“. medisign arbeite „mit Hochdruck an der Behebung des Problems“. Ist der OCSP-Responder gestört, kann die Zertifikatsprüfung nicht stattfinden.
Apotheker fühlen sich im Stich gelassen
Krötz fühlt sich von medisign mit dem Problem alleingelassen. „Es gibt keine Durchwahl, nur ein Supportformular, ich habe geschrieben, aber die Nachricht ist im Nirvana verschwunden. Ich weiß nicht, ob sie angekommen ist“, sagt er. „Die Kunden seien extrem geladen und die Beschimpfungen enden immer beim politischen System.“
Auch Apotheker Arno Wagner aus Zweibrücken beklagt die fehlende Unterstützung seitens der Verantwortlichen. Wegen der aktuellen Störung versuchte er, einen Verantwortlichen bei der Gematik zu erreichen. Dort vertröstete man ihn und verwies an das Kontaktformular. „Ich kann gar nicht so viele Blutdrucktabletten schlucken, wie ich vorrätig habe“, sagt er scherzhaft. Doch nach Spaß ist ihm angesichts der Störung nicht zu Mute.
Seit 8 Uhr geht in seiner Ratsapotheke nichts mehr. Mit dem naheliegenden Ärztehaus habe er den Kontakt aufgenommen. Die Mediziner:innen würden wieder auf Muster-16-Formulare umstellen, da auch sie keine E-Rezepte ausstellen könnten. „Doch die Altlasten von vergangener Woche kann ich nicht bedienen.“ Er schätzt, dass er bislang rund 25 Kund:innen wegschicken musste. Zum Umsatzausfall komme der zeitliche Einsatz. „Ich habe noch andere Sachen zu tun“, kritisiert er.
Wütende Mail an die Gematik
Wagner schrieb an die Gematik: „Liebe Gematik, habt ihre eine Ahnung, was bei uns los ist? Herr Lauterbach, haben Sie irgendeine Ahnung? Seit 8 Uhr kämpfen wir mit dem Konnektor, müssen Patienten wegschicken, müssen Betriebsausfälle hinnehmen. Gut nur, dass es den Praxen auch so geht, denn mittlerweile kommen nur noch Muster-16-Rezepte rein, die vorige Woche ausgestellten E-Rezepte gehen uns trotzdem flöten. Wie ist es möglich, dass Google und Amazon weitaus größere Datenströme ohne Störungen hinbekommen. Erklären Sie das. Und bitte keine Ausreden. Wenn das System ein einwandfreies Funktionieren nicht hergibt, dann muss es überarbeitet und ausgesetzt werden.“
Der Apotheker wünscht sich, dass möglichst viele Kolleg:innen an die Gematik schreiben. Irgendwann müsse doch verstanden werden, was diese Ausfälle für Apotheken bedeuteten, sagt er. Allerdings ist seine Hoffnung, dass die Probleme im Alltagsgeschäft bei den Verantwortlichen ankommen, eher gering.