WhatsApp für Apotheken – super Feature für die Kunden für die einen, aus Datenschutzgründen schon seit Jahren nicht machbar für die anderen. Die Geister der Inhaber:innen scheiden sich an diesem Thema. Aktuell gibt es aber mit Superchat einen Anbieter, der auf Instagram explizit die Apotheken anspricht und von seinem Service überzeugen will. Ist nun also eine optimale Lösung gefunden?
Auf Instagram macht das Unternehmen Superchat derzeit immer wieder Werbung. Mit Posts wie „3 Gründe warum Apotheken WhatsApp nutzen sollten“ oder „Zahlen & Fakten: 266.647 Nachrichten an Apotheken in 2023 enthielten eine Datei“ macht das Start-up aus Berlin auf sich aufmerksam. Neben Apotheken fokussiert sich Superchat auch auf andere Branchen, die typisch für kleine und mittelständische Unternehmen sind. Man will eine Plattform bieten, die die Kundenkommunikation einfach und überschaubar macht.
Doch schon seit Jahren sind Inhaber:innen vorsichtig, wenn es um WhatsApp geht, schließlich ist und bleibt die Sache mit dem Datenschutz knifflig. WhatsApp Business allein ist für Apotheken aufgrund des mangelnden Datenschutzes nicht zu nutzen. Die App kann nämlich auf personenbezogene Daten auf dem Smartphone zugreifen.
Die Werbung von Superchat klingt vielversprechend: Das Berliner Unternehmen bietet nach eigenen Angaben eine Lösung mit passender API-Schnittstelle, die das Ganze DSGVO-konform macht. Diese könne – anders als WhatsApp Business – nicht einfach selbst installiert werden. „Zugriff zur API erhalten Apotheken über Plattformen wie Superchat. Die Schnittstelle verhindert den Zugriff auf Daten, die auf dem Smartphone gespeichert sind“, heißt es im Flyer von Superchat.
Und weiter: Zusammen mit dem Vertrag über die Auftragsverarbeitung mit Superchat „kann WhatsApp sicher und DSGVO-konform in der Kundenkommunikation genutzt werden“. Die Apotheke bekomme dann eine übersichtliche Software-Lösung und könne über die Schnittstelle mit den Kund:innen via WhatsApp kommunizieren. Also perfekt – so weit zumindest die Werbung.
Doch es lohnt sich, skeptisch zu bleiben – so auch Apotheker Dirk Vongehr. „Der Fall ist wirklich schwierig. Ich persönlich halte davon überhaupt nichts. Ich finde, das ist eine Nebelkerze“, so der Kölner Inhaber. Das Problem: Schon WhatsApp selbst verbietet den Handel mit Arzneimitteln über die eigene Plattform. Inwiefern Apotheken das System also wirklich sauber nutzen können ist fraglich. „Auch Superchat konnte das noch nicht endgültig klären“, sagt Vongehr.
Der Konzern hinter WhatsApp, Meta, stellt klar: „Apotheken und Drogerien können alle WhatsApp-Funktionen für Lebensmittel und Convenience-Artikel nutzen, aber nicht für Pharmazeutika.“ Für alle Rx- und OTC-Arzneimittel sowie Medizinprodukte ist die Plattform verboten. „Unternehmen dürfen den Verkauf von Pharmazeutika in Chats oder Produktfunktionen weder bewerben noch abwickeln.“ Medizinische Dienstleistungen, wie Tests und Impfungen, seien aber bereits freigegeben.
Apotheken dürfen via WhatsApp:
Superchat sieht das Ganze so: Via WhatsApp können Apotheken ihre Kund:innen über aktuelle Angebote und Änderungen der Öffnungszeiten informieren oder regelmäßig informative Newsletter verschicken. „Der einfache Versand von Nachrichten und Bildern erleichtert Kund:innen die Kommunikation mit Apotheken erheblich. So können sie zum Beispiel einfach ein Foto der Verpackung an die Apotheke schicken, um so die Verfügbarkeit eines Medikaments zu erfragen. Dadurch ersparen sich die Kund:innen die komplizierten Namen von Wirkstoffen und die Apotheker:innen wissen sofort, wonach sie suchen müssen“, heißt es in einem der Posts auf Instagram.
„Aber sind wir doch mal ehrlich: Kunden wollen keine NEM über WhatsApp kaufen. Wir wissen doch alle, wie wir das nutzen“, meint Vongehr und spielt auf die Arzneimittelvorbestellungen per Rezept-Foto an. Selbst Superchat selbst postet schließlich: „266.647 Nachrichten in 2023 enthielten eine Datei.“
Der Unterschied: Ein Foto von einer Tablette an den Apotheker schicken, um zu fragen, welche das denn sei, ist womöglich noch okay. Ein Rezept-Foto bleibt aber in der Grauzone: „Von zugelassenen Ärzten ausgestellte Rezepte können auf WhatsApp geteilt werden, da dies als ärztliche Beratung eingestuft wird. Im Rahmen der WhatsApp Business-Services dürfen jedoch keine rezeptpflichtigen oder rezeptfreien Medikamente direkt verkauft oder beworben werden“, so WhatsApp. Es liege in der Verantwortung der Kund:innen, geltende Gesetze und Vorschriften zu befolgen. Die Vorbestellung per App durch den Kunden verstößt also nicht gegen die Richtlinien, die Grenze des Erlaubten scheint aber schwammig.
Vongehr beschäftigt sich schon länger mit der Thematik und hat auch schon Nachfrage bei der Datenschutzbehörde gestellt, eine Antwort steht noch aus. Auch mit Superchat habe er sich über das Problem unterhalten: „Bisher sind alle super nett und super freundlich gewesen, mit denen ich zu tun hatte. Aber ich glaube nicht, dass wir da rechtlich sicher unterwegs sind.“
Er möchte neue Möglichkeiten der Kommunikation überhaupt nicht verteufeln. „Gesundheitsdaten einfach so über WhatsApp zu verschleudern“, kommt ihm aber falsch vor. Er nutzt lieber weiterhin die Vorbestell-App von Linda. Andere Kolleg:innen glauben an den Erfolg der Kommunikation über WhatsApp. Viele Kundinnen und Kunden seien nicht bereit, sich zusätzliche Apps herunterzuladen, WhatsApp wird ohnehin weitverbreitet genutzt. Die Einführung des E-Rezeptes könnte zusätzlich Schwung in die Sache bringen.
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