Teleärzte schreiben an G-BA

Videosprechstunden gegen Zweiklassenmedizin

, Uhr
Berlin -

Mit der Corona-Pandemie wurden die Vorgaben für Telemedizin gelockert, immerhin sollten unnötige Arztbesuche und damit Kontakte vermieden werden. Jetzt wurde zwar die Videosprechstunde von Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) in die Regelversorgung überführt. Gleichzeitig werden aber gewisse Beschränkungen für telemedizinische Behandlungen wieder eingeführt, was laut Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung wichtige Versorgungsmöglichkeiten erschwert und ein Rückschritt für das Gesundheitssystem ist. Die zusammengeschlossenen Anbieter haben daher einen offenen Brief verfasst.

Durch den Beschluss werde die Zahl der abrechenbaren telemedizinischen Behandlungen wieder auf 30 Prozent der Behandlungen einer Vertragsärzt:in beschränkt, kritisiert der Verband. „Im kassenärztlichen System wird somit die sichere Versorgung von Patient:innen durch Telemedizin im derzeitigen Infektionsgeschehen erschwert: Mitten im höchsten Infektionsgeschehen wird GKV-Versicherten und Leistungserbringer:innen der Weg zu einer sicheren Versorgung erschwert, entgegen der Forderung vieler Landesministerien und der Patient:innenvertretung.“

Die Beschränkung von Videosprechstunden widerspreche auch dem im Koalitionsvertrag, nach dem regelhafte telemedizinische Leistungen zur Lösung von Versorgungsproblemen ermöglicht werden sollen. „Wir fordern daher eine Eilentscheidung des G-BA zur sofortigen Verlängerung der Corona-Sonderregelungen. Der Gesetzgeber muss zudem schnellstmöglich die Gesetzesgrundlagen zur Telemedizin überarbeiten – das Ziel müssen sinnvolle, zukunftsweisende Regelungen zur Telemedizin ohne willkürlich festgesetzte Obergrenzen sein.“

Telemedizinische Behandlungen gehörten zu den beliebtesten digitalen Angeboten des Gesundheitswesens mit einem starken Wachstumstrend. Während der vergangenen zwei Jahre nutzten Millionen Patient:innen sowie tausende Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen die Telemedizin, um sich vor einer Corona-Infektion zu schützen oder auch das Infektionsgeschehen zu verlangsamen. Waren es 2019 nur einige tausend Behandlungen, wurden 2021 mehrere Millionen durchgeführt. „Bei der derzeitigen Rekordinzidenz ist daher eine Beschränkung dieses wichtigen Versorgungswegs in keinster Weise nachvollziehbar.“

Begrenzung fördert Zweiklassenmedizin

Videosprechstunden böten einen unkomplizierten, schnellen sowie ortsunabhängigen Zugang zu haus- und fachärztlicher Versorgung – auch außerhalb von Praxisöffnungszeiten. „GKV-Versicherte konnten häufig innerhalb weniger Stunden behandelt und beraten werden. So können auch vorhandene Versorgungslücken geschlossen werden, da über die Hälfte der telemedizinischen Patient:innen nach internen Umfragen angeben, entweder keine Hausärzt:in oder keinen rechtzeitigen Termin bei einer Ärzt:in vor Ort zu haben – eine Situation, die sich durch den regionalen Haus- und Fachärzt:innenmangel weiter zuspitzen wird“, heißt es weiter in dem offenen Brief. Zahlreiche Indikationen von leichten Atemwegsinfekten bis hin zu psychischen Erkrankungen könnten häufig gleichwertig aus der Ferne behandelt werden.

Mit der Wiedereinführung der Begrenzung müssten GKV-Versicherte wesentlich länger auf Termine warten, während Privatpatient:innen sowie Selbstzahler:innen zuverlässiger und schneller behandelt würden, so der Verband. „Diese Verschlechterung des Angebots wird unweigerlich dazu führen, dass in der Telemedizin eine Zweiklassenmedizin entsteht; eine Situation, die gerade durch die starke kassenärztliche Nutzung von Telemedizin-Anbietern in den vergangenen zwei Jahren bisher vermieden werden konnte.“

Durch moderne Behandlungsmodi profitierten auch tausende Ärzt:innen von der zeitlichen Flexibilität. „Das deutsche Gesundheitssystem hat nicht zuletzt durch die Pandemie einen deutlichen Digitalisierungsschub erlebt und der Gesetzgeber will die Fernbehandlungen als patientenorientierte Ergänzung zur herkömmlichen Sprechstunde unterstützen und fördern. Dies sollte sich dann auch in Rahmenbedingungen widerspiegeln, die die Wahlfreiheit zu diesem Versorgungsweg für Patient:innen und Leistungserbringer:innen garantiert.“

Unterzeichnet ist der Brief vom Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung, den Anbietern Teleclinic, Dermanostic, Health Hero, Kry, Medgate, Minddistrict, Minxli, Wellster und Zava sowie hunderte Ärzt:innen, die die genannten Anbieter nutzen.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Lesen Sie auch
Mehr zum Thema
Mit Facharzt-, Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnungen
Medizinisches Cannabis: Vorabgenehmigung entfallen
Mehr aus Ressort
Verzögerungen wegen „KOB light“?
ePA: Die Angst vor Abmahnungen
Verzögerung bei Rollout
BMG: ePA für alle kommt später

APOTHEKE ADHOC Debatte