Zur Rose glaubt an E-Rezept in 2022

Versender verlieren eine halbe Milliarde Euro Marktwert

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Berlin -

Die Probleme bei der E-Rezept-Einführung haben die großen Versandapotheken in den vergangenen Monaten mehrmals in Erklärungsnot gebracht – die großen Versprechen, die sie den Investoren seit langem machen, lassen schließlich noch auf sich warten. Entsprechend geht es seit gestern mit den Aktien bergab. Und die Situation ist für die börsennotierten Hollandversender diesmal grundsätzlich ernster als zuvor.

Die Aktien von Zur Rose und Shop-Apotheke haben seit gestern Abend massiv an Wert verloren: 17 Uhr wurde erstmals vermeldet, dass das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die E-Rezept-Einführung am 1. Januar abbläst. Da kostete ein Wertpapier von Zur Rose noch genau 300 Schweizer Franken (289 Euro). Ab da stürzte die Aktie: In der kurzen Zeit bis Börsenschluss fiel sie auf 267 Schweizer Franken (257 Euro) – ein Minus von über 10 Prozent. Nach Börsenstart am Dienstag ging es noch einmal kurz bergauf, bevor sich die Abwärtsbewegung fortsetzte – Zur Rose liegt Stand 12 Uhr bei 262 Schweizer Franken (252 Euro).

In totalen Zahlen ist der Wertverlust noch eindeutiger: Zur Rose hat 11,2 Millionen Anteilsscheine ausgegeben. Lag deren Wert gestern noch bei umgerechnet mehr als 3,2 Milliarden Euro, beträgt er heute 2,8 Milliarden Euro – ein Verlust von mehr als 400 Millionen Euro innerhalb eines halben Tages. Ähnlich sieht es bei Shop Apotheke aus: Lag der Anteilsschein gestern, um 17 Uhr, noch bei 123,40 Euro, fiel er bis heute, 10.45 Uhr, auf 111,30 Euro – ein Verlust von 9,81 Prozent. Auf die 18,1 Millionen Anteilsscheine des Versenders gerechnet entspricht das einem Wertverlust von 220 Millionen Euro.

Auf Anfrage geben sich beide Unternehmen kleinlaut: Es sei „wichtig“ gewesen, dass das BMG das E-Rezept in seiner gestrigen Kommunikation nochmals als politisch höchst bedeutsames Digitalisierungsprojekt hervorgehoben habe, so ein Sprecher von Shop Apotheke. „Vor diesem Hintergrund müssen natürlich alle Aspekte des E-Rezepts hinreichend getestet werden. Bei uns ist das zweifelsfrei der Fall: Alle E-Rezepte, die Shop Apotheke aus dem Pilotprojekt erhalten hat, haben alle Prozesse und Prüfungen problemlos und ohne Fehler durchlaufen.“

Auch Zur Rose betont, selbst bereit zu sein und sich nun einbringen zu wollen: „Zusammen mit allen anderen Beteiligten werden wir unseren maximalen Beitrag dazu leisten, dass die flächendeckende, verpflichtende Einführung zügig voranschreitet und umgesetzt wird. Das werden wir auch so dem BMG signalisieren, das es auf uns zählen kann, wenn es um die Umsetzung des Koalitionsvertrages geht, der sich die beschleunigte Einführung des E-Rezepts zum Ziel gesetzt hat“, so eine Sprecherin des DocMorris-Mutterkonzerns „Gestützt auf diese Entwicklung gehen wir weiterhin von einem E-Rezept-Roll-out im Jahr 2022 aus, wodurch sich unsere mittelfristigen Wachstumsziele nicht verändern.“

Einige Analysten betonen, dass die Verzögerungen bereits eingepreist seien. Der Finanzdienstleister Kepler Cheuvrex sieht es hingegen weniger positiv. In einer Analyse vom Dienstagmorgen geht er von weniger guten Perspektiven für die Versender aus: Denn bisher hatten die Aktiengesellschaften bei jedem gemeldeten Problem aus der E-Rezept-Erprobung und bei jeder Zusammenkürzung und Verlängerung der Erprobung gebetsmühlenartig wiederholt, dass es auf die Einführung am 1. Januar ankomme und man darauf vertraue. Diese Kommunikationslinie ist nun zerbrochen, auch wenn Zur Rose weiter am Jahr 2022 festhält.

Doch die Ausgangslage sei nun grundlegend schlechter als noch am Montagnachmittag, betont Kepler Cheuvreux: „Es kann argumentiert werden, dass wir jetzt in einer schlechteren Position sind als bloß wieder am Anfang zu stehen.“ Denn seit Dezember 2020 dürfen die Versender keine Rx-Boni mehr gewähren. Bisher konnte das von der Aussicht auf die baldige E-Rezept-Einführung kompensiert werden. Das Wachstum im Rx-Geschäft stehe damit auf dem Spiel. Denn nun gebe es keine feste Frist zur Einführung mehr, auf die sich die Unternehmen berufen könnten. Außerdem, so Kepler Cheuvreux, bevorteile die Entscheidung des BMG eindeutig „kleinere, lokale Versorgungsanbieter wie Ärzte und Apotheken“, die jetzt mehr Zeit hätten, das E-Rezept zu testen, bevor es eingeführt wird.

Entsprechend fällt die Forderung von Shop Apotheke aus: „Um Planungssicherheit für alle Marktteilnehmer wiederherzustellen, ist es jetzt erforderlich, dass das BMG schnellstmöglich einen verbindlichen neuen Zeitplan kommuniziert“, so ein Sprecher. Das Unternehmen habe schon in der Vergangenheit betont, dass es von einem graduellen Zuwachs von E-Rezepten in den ersten Monaten des kommenden Jahres ausgehen und erst zur Jahresmitte einen deutlichen Anstieg erwarte. „Wir haben lange auf die Einführung des E-Rezepts in Deutschland gewartet. Eine Verzögerung von ein paar Monaten ist nicht von entscheidender Bedeutung. Wir freuen uns weiterhin auf den Start des elektronischen Rezepts.“

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