Die Versandapotheken fiebern der Einführung des E-Rezepts entgegen, denn sie erhoffen sich davon den lang ersehnten Schub im Rx-Geschäft. Tatsächlich legt die Sempora-Apothekenmarktstudie 2021 nahe, dass viele Kund:innen ihre Rezepte künftig online einlösen.
Immerhin jeder vierte (26 Prozent) der 1351 befragten Verbraucherinnen und Verbraucher gab an, E-Rezepte künftig nur bei Versandapotheken einzulösen. Vor einem Jahr lag der Anteil noch bei 19 Prozent. Und unabhängig von dieser Frage sagten 33 Prozent, dass sie zur Einlösung eines E-Rezeptes eine Versandapotheke gegenüber einer stationären Apotheke bevorzugen würden. 46 Prozent stimmten der Aussage zu, dass sie weiterhin nur stationäre Apotheken aufsuchen wollen.
Tobias Brodtkorb, Managing Partner bei Sempora, geht davon aus, dass die Einführung des E-Rezeptes den Markt umkrempeln wird: „Die Wachstumsprognosen für den Versandhandel erscheinen dadurch realistisch.“ Zwar gibt es mit den Plattformen auf Seiten der Apotheker eine Gegenbewegung. Doch zumindest die im Rahmen der Studie ebenfalls befragten Hersteller sind skeptisch: 39 Prozent glauben nicht, dass sich die Plattformen „gesund.de“ oder „ihreapotheke.de“ gegen die Angebote von DocMorris oder Shop Apotheke durchsetzen werden.
Infolge der Corona Lockdown-Maßnahmen und den damit verbundenen Einschränkungen konnte der Apothekenversandhandel seine Umsätze im Vorjahresvergleich deutlich erhöhen. 94 Prozent der Hersteller und 83 Prozent der befragten Apotheker:innen sind davon überzeugt, dass der Versandhandel auch in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen wird und dadurch die Bedrohung für stationäre Apotheke durch den Versandhandel coronabedingt verschärft wird. 75 Prozent der Hersteller befürchten, dass Corona zu einer Beschleunigung des Apothekensterbens führt.
Shop Apotheke ist aus Sicht der Hersteller die leistungsfähigste Versandapotheke, die Anbieter aus der Zur Rose-Gruppen fallen im Vergleich etwas zurück. Über allem schwebt die Angst der Branche, Amazon können sich in der Arzneimittelversorgung breit machen: Bereits ein Drittel der Konsument:innen sucht laut Studie schon heute auf Amazon nach Medikamenten, 18 Prozent haben dort bereits Medikamente bestellt. „Amazon wird in Zukunft weiter verstärkt apothekenexklusive Produkte anbieten und somit den stationären Handel, aber auch die bisherigen Versandapotheken weiter unter Druck setzen. Eine Reihe von Herstellern von Nahrungsergänzungsmitteln suchen deshalb den direkten Dialog mit Amazon“, ist Brodtkorb überzeugt.
Druck auf die Apotheken kommt aber auch von anderer Seite: 25 Prozent der Verbraucher:innen versuchen während der Corona-Pandemie „Apotheken zu vermeiden“ und kaufen „lieber in der Drogerie“ ein. Zwar stimmt die große Mehrheit von 62 Prozent dieser Aussage nicht zu, doch wenn jede/r Vierte einen Bogen um die Apotheke macht, sollte das die Inhaber:innen nachdenklich stimmen. Das gilt umso mehr, als sie Drogerieketten wie dm aktiv in die Teststrategie einbringen und offensichtlich bestrebt sind, sich neu zu positionieren.
Immerhin: 41 Prozent gaben an, dass sie in der Pandemie ein verstärktes Vertrauen in die stationäre Apotheke gefasst haben. Die allgemeine Zahlungsbereitschaft für Gesundheitsausgaben hat sich laut Studie dadurch jedoch nicht verändert.
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