Direktabrechnung: Scanacs sieht sich bestätigt APOTHEKE ADHOC, 12.08.2021 11:10 Uhr
Der Verband Deutscher Apothekenrechenzentren (VDARZ) will, dass Apotheken künftig täglich mit den Krankenkassen abrechnen können. Mit dem E-Rezept ist das nämlich bald technisch möglich. Doch war da nicht was? Die Forderung ist nicht neu, Scanacs will das bereits seit Jahren und hat die Direktabrechnung zu einem bedeutenden Teil seines Geschäftsmodells gemacht. Könnte der VDARZ das also überflüssig machen? Nein, sagt Head of Consulting Jörg Weise. Dass die Rechenzentren nun aufspringen, sei eher eine Bestärkung als eine heraufziehende Konkurrenz.
Eigentlich war es das Steckenpferd des Dresdner Unternehmens: Noch in diesem Jahr will es in der Lage sein, Apotheken eine tagesgenaue Direktabrechnung zu ermöglichen. Derzeit läuft ein Pilotprojekt an, an dem 1000 Betriebe teilnehmen sollen. In Kombination mit der Echtzeit-Zuzahlungsprüfung soll das den Apotheken bald ermöglichen, retax-sicher tagesaktuelle Einnahmen zu generieren. Die Abrechnung geht dabei an den Rechenzentren vorbei – doch nun wollen die offenbar denselben Service bieten.
„Dass der VDARZ sich da vorwagt, ist interessant“, sagt Weise. „Wenn das Geschäftsmodell gut ist, kommt immer jemand, der das dann auch so machen will.“ Schlechtreden wolle er die VDARZ-Initiative allerdings nicht, betont er. „Es ist ja eigentlich eine ganz logische Konsequenz aus dem E-Rezept – was wir schon seit 2016 so sagen.“ Dafür hätten Krankenkassen ihm und Scanacs-Geschäftsführer Frank Böhme gegenüber regelmäßig wenig Verständnis für die Forderung gezeigt, täglich abzurechnen. Mittlerweile habe sich die Wahrnehmung auch bei den Kassen zwar etwas geändert – Scanacs hat mittlerweile Verträge mit 20 von ihnen geschlossen, zuletzt mit der Bahn BKK. Aber dass der VDARZ sich nun so positioniert, könne da weiteren Aufschub bringen. „Wir freuen uns, dass wir da nun einen Wegbegleiter haben, denn das ist ja eine Bestätigung unseres Geschäftsmodells. Wir diskutieren ja ohnehin die ganze Zeit mit den Kassen. Wenn jetzt ein ganzer Verband kommt und auf den GKV-Spitzenverband zugeht, bestärkt das doch unseren Standpunkt“, so Weise.
Außerdem komme der Sinneswandel nicht ganz überraschend, schließlich sei schon von oberster Stelle angedeutet worden, dass Handlungsbedarf herrscht: Denn erst kürzlich wurden die Rechenzentren mit dem Gesundheitsversorgungs-Weiterentwicklungsgesetz (GVWG) dazu verpflichtet, Treuhandkonten für ihre Kunden einzurichten. Die Neuregelung ist eine Konsequenz aus der AvP-Insolvenz und den Millionenverlusten, die dadurch für die AvP-Kunden entstanden sind. „Damit hat die Bundesregierung ja auch zum Ausdruck gebracht, dass sie den bisherigen Prozessen nicht mehr ganz traut und dass man sich da etwas ausdenken soll.“ Auch Scanacs hatte den AvP-Skandal als Beleg für den Nutzen des eigenen Geschäftsmodells gewertet: Wer vor allem Hochpreiser direkt abrechnet, könne von der Insolvenz eines Rechenzentrums weniger stark getroffen werden, schließlich geht das Geld umgehend ein.
Allerdings sei die Direktabrechnung auch nicht das komplette Geschäftsmodell, betont Weise, sondern nur ein Schritt davon. „Unsere finale Vision ist, dass auch die Rezeptprüfung vorgezogen wird und der Apotheker dann direkt von der Kasse ein geprüftes Rezept bezahlt bekommt, wodurch Retaxationen komplett wegfallen.“ Mit diesem Vorgang hätten die Rechenzentren nichts mehr zu tun: Es gebe zwei Datenbanken, eine für die Apotheke, eine für die Kasse. Nimmt die Apotheke das Rezept an, wird es auf die Datenbank geschoben, von Scanacs in Echtzeit geprüft und direkt weitergegeben. Die technischen Voraussetzungen für das Verfahren seien bereits final geschaffen, jede Kasse könne ihren eigenen Prüfkatalog aktivieren.
Der Prüfkatalog-Generator sei bereits vor der Direktabrechnungsfunktion fertig gewesen. Schon seit 2019 bietet Scanacs diesen digitalen Service an, mit dem direkt in der Software noch während des Kassiervorgangs in Echtzeit festgestellt werden kann, ob der Patient zuzahlungspflichtig ist oder nicht. Die Versichertendaten zu diesem Dienst stammen laut Scanacs direkt von den Krankenkassen. Die Übermittlung in die Apotheke ermöglicht dabei die Zusammenarbeit mit Prisma Datensysteme, Anbieter des Apothekenwarenwirtschaftssystems Aposoft und Tochterunternehmen des Rechenzentrums NARZ.
VDARZ-Vorstand Klaus Henkel war am Dienstag mit der Forderung an die Öffentlichkeit getreten, künftig Direktabrechnungen zu ermöglichen. Die Abschlagszahlungen der Kassen könnten dann wegfallen, die Dekadenzahlung beim Großhandel wäre obsolet. „Das ganze System der Liquidität muss modernisiert werden“, so Henkel. Das hätte aus seiner Sicht zwar erhebliche Auswirkungen auf die Arbeit der Rechenzentren, wäre aber eindeutig zum Vorteil der Apotheken. „Wir müssen nicht hin zu einer Banklizenz für Rechenzentren, sondern hin zu einer schnellstmöglichen, bestmöglichen Dienstleistung.“ Um das Geschäftsmodell der Rechenzentren mache er sich dabei keine Sorgen – im Gegenteil: „Das ist die Zukunft. Die Prüfung der Rezepte, die Abwicklung von Retaxationen, das wird alles viel schneller gehen. Ich sehe da eine Stärkung unserer Dienstleistung“, so der VDARZ-Vorstand.