Apotheken und Arztpraxen sollen laut einem Änderungsantrag zum Krankenhauspflegeentlastungsgesetz (KHPflEG) künftig eine monatliche Pauschale erhalten, mit der die telematikbedingten Ausstattungs- und Betriebskosten abgegolten werden. Diese sollen die derzeitigen Vereinbarungen mit den Kassen ersetzen.
Laut § 379 Sozialgesetzbuch (SGB V) werden den Apotheken die für die Nutzung der Telematikinfrastruktur (TI) erforderlichen Ausstattungs- und Betriebskosten erstattet. Dabei geht es insbesondere um elektronische Patientenakte (ePa) und E-Rezept. Bislang müssen dazu Finanzierungsvereinbarungen mit den Kassen geschlossen werden.
Diese sollen laut Änderungsantrag durch eine monatliche Pauschale (TI-Pauschale) ersetzt werden. Deren Höhe bemisst sich an den einmaligen Ausstattungskosten sowie den während einer Dauer von sechs Jahren anfallenden Betriebskosten – dem Zeitraum, nach dem die Hardware durchschnittlich ausgetauscht werden müsse (Kartenterminals sieben Jahre, Konnektoren fünf Jahre. Der Gesamtbetrag wird entsprechend durch den Faktor 72 geteilt. Allerdings können GKV-Spitzenverband und Deutscher Apothekerverband (DAV) auch abweichende Erstattungsintervalle vereinbaren.
Welche Kosten erstattet werden, welche Komponenten und Dienste zum jeweiligen Erstattungsintervall vorhanden sein müssen und welche Nachweise erbracht werden, ist ebenfalls unter den Vertragspartnern zu klären. Der DAV muss jedenfalls quartalsweise Meldung erstatten – gegebenenfalls festgestellte Überzahlungen müssen dann zurückerstattet werden.
Die TI-Pauschale kann gekürzt werden, wenn kein Nachweis über das Vorhandensein der erforderlichen Ausstattung erbracht wurde. Außerdem wird sie halbiert, wenn die Apotheke die Ausstattungskosten noch nach der bisherigen Regelung erstattet wurden.
Durch das neue Finanzierungsmodell solle Planungssicherheit für beide Seiten geschaffen werden, heißt es zur Begründung. „Denn der derzeit nur im Rahmen einer Anschubfinanzierung vorgesehene Erstattungsanspruch wird verstetigt und klargestellt, dass zukünftig dauerhaft ein Ausgleichsanspruch auf Zahlung einer gesetzlich festgelegten Pauschale besteht.“ Der „vernetzten Digitalisierung im Gesundheitswesen“ komme nämlich „für eine zeitgemäße und sichere Gesundheitsversorgung ein derart hoher Stellenwert zu, dass es bei dem agilen Prozess der Weiterentwicklung der digitalen Infrastruktur einer fairen und verlässlichen Kostenverteilung bedarf“. Die festen monatlichen TI-Pauschalen sollen dem Rechnung tragen.
Die bisherigen Regelungen auf Basis von Verhandlungen hätten sich nicht bewährt und seien auch langfristig mit Blick auf den vorgesehenen Anschluss einer Vielzahl von Leistungserbringergruppen an die TI nicht mit dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit vereinbar. „Denn Marktmechanismen und in der Folge Marktpreise konnten sich so nicht entfalten, weil die Hersteller und Anbieter von Komponenten und Diensten zunächst die Finanzierungsvereinbarungen abgewartet haben, die jeweils auf den Kostenkalkulationen der Hersteller und Anbieter selbst beruht haben. Hierdurch konnten Preise quasi diktiert werden, die nicht im Wettbewerb entstanden sind.“
Durch die nun vorgesehene Pauschalerstattung seien die TI-Kosten langfristig festgeschrieben und somit kalkulier- und planbar. „Auf Seiten der Leistungserbringer besteht ein Interesse, die Produkte beim wirtschaftlichsten Anbieter zu erwerben. Auf Seiten der Hersteller und Anbieter entsteht hierdurch ein Anreiz, im Wettbewerb zu bestehen. Dies wiederum schafft Innovationsanreize, die sowohl Effizienzgewinne als auch Produktoptimierungen befördern.“
Bei Aufnahme weiterer Komponenten und Dienste in den Katalog der gesetzlich verpflichtenden Ausstattung findet keine Anpassung der Bezugswerte statt. „Da davon auszugehen ist, dass künftige Technik stärker auf Soft- denn auf Hardware basieren wird – für die Telematikinfrastruktur sind kostengünstigere Zugänge geplant und schon vorher werden Rechenzentrumslösungen genutzt werden können –, ist anzunehmen, dass die Kosten in Zukunft gegenüber dem Stichtag 1. Oktober 2022 sinken werden. Des Weiteren werden durch die geplante Hochskalierung der Nutzerzahlen der Telematikinfrastruktur positive Preiseffekte entstehen.“
Insbesondere diese Regelung stößt bei den Praxen auf Kritik: „Es ist gelinde gesagt dreist, dass Bundesgesundheitsministerium und Gematik alleine festlegen sollen, welche Komponenten denn noch so in die TI-Infrastruktur kommen könnten. Und dieses Wünsch-dir-was soll von den Niedergelassenen alleine bezahlt werden“, erklärte KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel. „Dieser Antrag würgt jegliche Identifikation mit der TI in der Ärzteschaft ab. Ärzte und Psychotherapeuten werden das nicht einfach so und still hinnehmen.“
Die KBV hat einen eigenen Vorschlag. Er sieht vor, dass künftig der GKV-Spitzenverband und die TI-Anbieter die Höhe der Preise und der erstattungsfähigen Kosten für die TI-Komponenten vereinbaren – vergleichbar mit der Festlegung von Preisen für neu auf den Markt kommende Arzneimittel. „Bei einem solchen AMNOG- und DIGA-ähnlichen Verfahren sitzen die richtigen Parteien am Tisch – die finanzierenden Krankenkassen und die TI-Anbieter, die anders als die KBV Einblick in die Kostenstruktur ihrer Produkte haben“, so KBV-Chef Dr. Andreas Gassen.
„Auf diesem Weg wird sichergestellt, dass den niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen nicht ins Blaue hinein sämtliche IT-Kosten über eine über sechs Jahre gestreckte Monatspauschale abgegolten werden, deren genaue Höhe derzeit niemand kennt und die auch bei veränderten Rahmenbedingungen nicht angehoben werden soll“, so KBV-Vize Dr. Stephan Hofmeister. „Für die Ärztinnen und Ärzte müssen die TI-Kosten ein Durchlaufposten sein und dürfen nicht zu Mehrkosten führen.“
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