Das E-Rezept war eines der Prestige-Projekte von Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Doch kaum war er aus der Tür, wurde das Unvermeidliche entschieden und der harte Livegang zum Jahreswechsel abgeblasen. Nach Informationen von APOTHEKE ADHOC verlässt fast das komplette „Team E-Rezept“ das Bundesgesundheitsministerium (BMG).
Zuletzt hat sich Dr. Gottfried Ludewig, im BMG Leiter der Abteilung Digitalisierung und Innovation, noch mit recht harter Kante für die Einführung des E-Rezepts eingesetzt. In einem Brief an den Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Andreas Gassen, hatte er „aufsichtsrechtliche Maßnahmen“ angedroht, sollten die Ärzte das Projekt E-Rezept eigenmächtig stoppen. Die KBV hatte zuvor eine Übergangslösung mit einer bis Ende Juni 2022 befristeten Richtlinie vorgeschlagen.
Die KBV hat sich bekanntlich nicht um Ludewigs Warnung geschert und die Kassenärzt:innen ermutigt, weiter auf rosa Papier zu verordnen, sollten mit dem E-Rezept Probleme drohen – und seien sie in der Apotheke zu befürchten. Mittlerweile hat das BMG reagiert und die verpflichtende Einführung zum Jahreswechsel gestoppt.
Ludewig wird sich um die verlängerte Testphase nicht mehr kümmern müssen, denn verschiedenen Quellen zufolge wird er das Ministerium verlassen, voraussichtlich im März. Das BMG hat sich auf Nachfrage hierzu noch nicht geäußert. Auch sein mutmaßlich neuer Arbeitgeber schweigt sich aus: Die Deutsche Telekom bittet um Verständnis dafür, dass man Gerüchte zu Personalien nicht kommentiere. Angeblich soll Ludewig zur Tochter Telekom Healthcare Solutions mit Sitz in Bonn wechseln.
Christian Klose, in Ludewigs Abteilung 5 seinerseits Leiter der Unterabteilung „Gematik, Telematikinfrastruktur, E-Health“, verlässt das Ministerium ebenfalls. Er wechselt dem Vernehmen nach zu einer Unternehmensberatung. Auch diese Personalie hat das BMG bislang nicht bestätigt. Allerdings war Klose schon bei der Amtsübergabe von Spahn an seinen Nachfolger Karl Lauterbach nicht mehr gesehen worden.
Spahn weg, Ludewig weg, Klose weg. Damit bleibt von den maßgeblich Verantwortlichen im BMG noch Thomas Renner, Leiter der Unterabteilung „Digitalisierung und Innovation“, die ebenfalls Ludewig zugeordnet ist. Renner war es auch, der gestern im Namen des Ministeriums die Gesellschafter der Gematik über die Verschiebung des flächendeckenden Starts des E-Rezepts informierte. APOTHEKE ADHOC berichtete exklusiv.
Offen ist noch, was mit Markus Leyck-Dieken passiert. Der Gematik-Chef war eindeutig im Team Spahn, die beiden hatten sogar private Immobiliengeschäfte. Und bis zuletzt hatte er dessen Linie vertreten, wonach die Tests des E-Rezepts erfolgreich verlaufen seien und einer Einführung nichts im Wege stehe. Vergangene Woche war er zum Gespräch bei Renner im BMG.
Heute kommunizierte die Gematik, dass die verlängerte Testphase nun genutzt werden solle, um die Anzahl der Teilnehmenden an den Tests zu erhöhen, Updates aufzuspielen, die nötige Software zu installieren, das Personal zu schulen und die Stabilität des Zusammenwirkens der einzelnen erforderlichen Komponenten intensiv zu prüfen.
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