Ein junger Mann will sich mit einem gut gefälschten Rezept Tilidin besorgen. Die Apothekerin wird misstrauisch und kontrolliert das Rezept noch einmal genau. Sie stellt fest, dass die Schnittkante nicht stimmt, und ruft die Polizei. So etwas könne man nur vor Ort erkennen, erklärt die Inhaberin Dr. Schamim Eckert. Eine Rezeptkontrolle per Telepharmazie sei nicht möglich.
Ein junger Mann ruft in der Limes-Apotheke in Wehrheim an. Er habe Tilidin verschrieben bekommen und wolle wissen, ob das Medikament vorrätig sei. In der Kundenkartei war der Mann nicht verzeichnet. Kurze Zeit später erscheint er in der Apotheke – mit dem rosafarbenen Rezept in der Hand. Einer Apothekerin fiel er auf, weil er nervös wirkte, aber es war viel los und sie war mit der Beratung einer Patientin beschäftigt.
Der junge Mann ging stattdessen zu einer jungen PTA und gab ihr das Rezept. Nach dem Kundengespräch holte die Apothekerin das Rezept aus dem Ablagefach, sah es sich genauer an und rief die Polizei, weil die Schnittkante des Rezepts nicht korrekt aussah. Der folgende Anruf bei der angegebenen Praxis bestätigte den Verdacht der Apothekerin: Das Rezept war nicht von der Praxis ausgestellt worden und der Mann dort unbekannt. In den Tagen zuvor hatte die Praxis bereits mehrere Anrufe aus dem gleichen Grund von anderen Apotheken erhalten.
Da der Mann zuvor angerufen hatte, konnte der Polizei seine Handynummer mitgeteilt werden. Über diese hofft man, den Täter ausfindig machen zu können.
„Rezeptfälschungen gehören leider zu unserem Alltag“, sagt die Inhaberin. Sie hat das gefälschte Rezept fotografiert und in einer WhatsApp-Gruppe mit anderen Apothekern geteilt. „Ich wurde gefragt, wie wir die Fälschung entdeckt haben“, erzählt sie. Sie habe gesehen, dass die Schnittkante des rosafarbenen Rezepts leicht gezackt und nicht scharf genug war. Wegen der Häufigkeit der Fälschungen habe sie in ihrer Apotheke mittlerweile Lupen unter dem HV-Tisch liegen, um die Rezepte genauer zu begutachten.
„Auf dem Bildschirm kann man so etwas nicht erkennen. Da spielt die Haptik eine große Rolle“, erklärt Eckert. Ohne die Apothekerin vor Ort wäre die Fälschung nicht aufgefallen: „Über Telepharmazie kann man so etwas nicht erkennen“. „Wenn Apotheken zu reinen Abgabestellen degradiert werden, werden Missbrauchsfälle nicht mehr erkannt“, warnt sie. Es brauche eben die Kontrolle durch die Approbierten vor Ort.
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