Red Medical baut doppelten Boden für das E-Rezept APOTHEKE ADHOC, 17.01.2022 08:29 Uhr
Die Erprobung des E-Rezepts und die Probleme der Testphase haben in den Apotheken kein Vertrauen in die elektronischen Verordnungen geschaffen. Die Sorge ist vielerorts groß, dass es zu Ausfällen kommt, die Apotheken schwer beeinträchtigen können: ohne Zugang zur Telematikinfrastruktur (TI) können Rezepte dann weder empfangen noch bedient, geschweige denn abgerechnet werden. Red Medical will Apotheken dagegen nun mit einem Parallelanschluss absichern.
Das Szenario hat bereits viele Inhaber:innen umgetrieben: Was passiert, wenn der Anschluss an die TI ausfällt? Fakt ist, dass der Umsatzausfall dann umso größer wäre, je länger die Störung anhält. Und dass eine langanhaltende Störung durchaus realistisch ist, hat die Vergangenheit bereits gezeigt: Im Mai 2020 waren rund 80.000 Konnektoren wegen eines Konfigurationsfehlers teils wochenlang ausgefallen, Arztpraxen mussten häufig selbst Hand anlegen, um sie wieder zum Laufen zu bringen. Damals ging es erst um den Abgleich der Versichertenstammdaten, was für die betroffenen Praxen schon ärgerlich genug war. Nach Einführung der verpflichtenden Verwendung des E-Rezepts könnte ein solcher mehrwöchiger Ausfall für eine Apotheke hingegen existenzbedrohend sein.
Das sei auch vielen Inhaber:innen bewusst, sagt Red-Medical-Geschäftsführer Jochen Brüggemann. Die Erfahrung aus der Vergangenheit habe gezeigt, dass die herkömmlichen Vor-Ort-Modelle mit einem hohen unternehmerischen Risiko verbunden seien, falls wichtige TI-Komponenten wie der Konnektor oder das Kartenlesegerät ausfallen. Denn die zeitintensive Wartung oder der Austausch der Geräte müsse in der Regel durch einen Techniker vor Ort erfolgen. „Das kann Tage oder im schlimmsten Fall Wochen dauern“, sagt Brüggemann. „Wir wurden deshalb vielfach von Kunden gefragt, die schon bestehende Konnektoren haben und damit Probleme hatten, ob wir nicht für sie eine Backup-Lösung haben“, so Brüggemann.
Die wolle er nun mit dem Angebot „Telematik Safe“ bereitstellen. Es richte sich an alle Leistungserbringer im Gesundheitswesen, die mit einem lokalen Konnektor an die TI angeschlossen sind – also nicht mit der zentralen Lösung, die Red Medical selbst anbietet.
Dabei wird parallel zum eigentlich Anschluss eine Art Ausweichkanal installiert. Fällt der lokale Anschluss aus, so verspricht Red Medical, könne die Verbindung über den Zweitanschluss innerhalb eines Werktages wiederhergestellt werden. Denn Red Medical verbinde bereits im Vorfeld die Apotheke mit einem eigenen, im Rechenzentrum befindlichen Konnektor und stimme die beiden Systeme aufeinander ab. Im Notfall müssten dann nur kleinere Konfigurationen in der Warenwirtschaft vorgenommen werden, da die Systeme nur mit einem Zugang gleichzeitig arbeiten können. Die Warenwirtschaft müsste nur auf den Zweitkonnektor umgestellt werden. „Es ist wie eine Versicherung, die die Apotheke abschließt“, so Brüggemann.
Das System funktioniere mit allen großen Warenwirtschaftsystemen. „Wir haben mittlerweile mit allen namhaften Warenwirtschaftsanbietern erfolgreiche E-Rezept-Tests mit echten Verordnungen durchgeführt und können die Kompatibilität bestätigen“, sagt Brüggemann. Nur eine Ausnahme gebe es: Pharmatechnik. Das Softwarehaus weigert sich, Konnektoren von Red Medical an seine Warenwirtschaften anzuschließen und hat erst am Donnerstag ein dahingehendes Gerichtsverfahren gewonnen. „Technisch wäre eine Anbindung problemlos möglich, aber Pharmatechnik blockiert sie“, sagt Brüggemann. „Es ist schade für Pharmatechnik-Kunden, dass sie das Angebot nicht nutzen können.“
Der Anschluss an das TI-Backup kostet 999 Euro, danach nimmt Red Medical monatlich 49 Euro für den Betrieb. „Wir hoffen sehr, dass wir mit diesem Angebot die hohe Abhängigkeit der Apotheken von einzelnen technischen Komponenten verringern und das Risiko von Umsatzausfällen begrenzen“, sagt Brüggemann. „Außerdem wollen wir zeigen, dass innovative Lösungen nicht immer ein Ersatz sind, sondern auch eine sinnvolle Ergänzung sind.“