Die technischen Probleme mit NFC-fähigen elektronischen Gesundheitskarten (eGK) halten an. Wegen einer elektrischen Ladung beim Einstecken legen die oft die Kartenterminals lahm. Ein Aufsatz für die Lesegeräte soll nun Abhilfe schaffen – aber die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) befürchtet, dass die Kosten dafür auf die Praxen zurückfallen.
Seit mehreren Wochen schon halten die Probleme an: Beim Einstecken NFC-fähiger eGK in das Kartenterminal ORGA 6141 Online der Firma Wordline Healthcare – ehemals Ingenico – kommt es zu einer elektrostatischen Entladung, die das Lesegerät abstürzen lässt. Nach Angaben der Gematik hängt sich das Terminal auf, startet neu oder zeigt die Fehlermeldungen „C2C-Authentisierung“ oder „keine freigeschaltete SMC-B“ an. In allen Fällen müssten Praxen dann das Kartenterminal oder sogar das Praxisverwaltungssystem neu starten und dabei jedes Mal wieder die PIN des dort gesteckten Praxisausweises (SMC-B) eingeben.
Behoben wurde der Fehler bisher nicht. „Es ist leider weiterhin so, dass viele Praxen uns melden, dass Geräte, dass das System abstürzt, weil die neuen Gesundheitskarten in ein Lesegerät von Ingenico eingelesen werden“, erklärte KBV-Vorstand Dr. Thomas Kriedel am Donnerstag. Das sei „ein unzumutbarer Zustand“. Statt einer echten Lösung seien „hilflose Empfehlungen“ gegeben worden: So sei beispielsweise geraten worden, dass sich Patienten oder Praxismitarbeiter beim Einstecken der Karte die Hand auf den Heizkörper legen sollen, um das Terminal zu erden.
Kriedel zufolge ist nun aber eine echte Lösung in Sicht: Für die betroffenen Kartenterminals soll es ein Aufsatzgerät geben. Durch diesen Aufsatz soll die Karte gesteckt werden und dabei entladen werden. Damit werde nicht mehr das gesamte Praxissystem durch eine Überspannung lahmgelegt.
Die Gematik habe der KBV mitgeteilt, dass Worldline Healthcare jetzt dabei sei, den Aufsatz in ausreichender Zahl zu produzieren, um ihn Anfang April in ausreichender Zahl zur Verfügung zu stellen. Doch die KBV fürchtet, dass das Unternehmen die Kosten für den Fehler auf die Kunden abwälzen will. Das dürfe nicht passieren, so Kriedel: „Das muss für den Arzt schnell, das heißt sofort, und kostenlos erfolgen.“ Die Firma wisse, an wen sie ihre Kartenterminals verkauft habe, und könne die Aufsätze deshalb über ihre Vertriebswege an die Praxen verteilen, „und zwar ohne Aufforderung und kostenlos“.
Die Ärzte würden dabei auch nicht in Vorleistung gehen. „Wenn die Firma die Kosten nicht selbst trägt oder tragen will, dann muss es Verhandlungen geben – mit wem auch immer“, so Kriedel. „Mit dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung, mit der Gematik – aber da hat der Arzt nichts von mitzubekommen. Er muss auch keinen Antrag stellen, keine Erstattung fordern, nach unserer Vorstellung.“ Das sei eine Aufgabe, die Geamtik und Industrie zu lösen haben, weil sie den Fehler verursacht hätten.
Ebenjener Fehler deutet demnach auf ein größeres Problem der E-Rezept-Einführung: Nämlich, dass bei Produkttests nur einzelne Komponenten, aber nicht das Zusammenwirken der Komponenten begutachtet werde. Die Hersteller seien deshalb auf diesen Fehler nicht vorbereitet gewesen. Die KBV habe nach Auftreten des Fehlers umgehend bei der Gematik darauf gedrängt, das Problem zu lösen. Aber es habe eine Zeit gedauert und sei trotz der angebotenen Notlösungen immer noch nicht komplett abgestellt. Dass NFC-Karten Terminals lahmlegen, muss vor allem mit Blick auf die Zukunft ausgeschlossen werden: Die NFC-Funktion ist notwendig, um den gesamten Leistungsumfang der E-Rezept-App der Gematik zu nutzen. Ohne sie kann aus der App heraus kein E-Rezept digital versendet werden. Die Krankenkassen statten deshalb nach und nach alle Versicherten mit diesen neuen eGK aus.
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