„Kein ePA-Bashing“

Patientenakte noch nicht praxistauglich

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Berlin -

Ob die elektronische Patientenakte (ePA) als „ePA für alle“ zum Erfolg wird, wird sich im kommenden Jahr zeigen müssen. Bisher haben aber noch verschiedene Akteure ihre Bedenken hinsichtlich der Umsetzung. Die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN) setzt sich nun mit einem Eckpunktepapier für bestimmte Mindestanforderungen ein.

So werde die ePA beispielsweise in die Praxisverwaltungssysteme (PVS) integriert, heißt es. Erste Erfahrungen aus der TI-Modellregion Hamburg zeigten aber, dass die aktuelle ePA noch nicht alltagstauglich sei. Lange Download- und Upload-Zeiten von Dokumenten machten den Praxen die Anwendung schwer. Außerdem sei in einigen PVS die Weiterverarbeitung noch nicht möglich, der Zugriff auf die Dokumente umständlich, die sinnvolle Integration in die Praxisprozesse fehlt noch. Die Befüllung sei bisher umständlich und aufwendig, monieren die Ärzt:innen zudem.

Die Ärzt:innen weisen auch darauf hin, dass für die flächendeckende und reibungslose Benutzung der digitalen Akte auch ein entsprechender Zugang zum Internet möglich sein muss. Dabei stünde noch nicht bundesweit überall eine stabile Internetverbindung zur Verfügung. Zudem fehlt den Ärzt:innen eine Art Endabnehmer der ePA; eine Institution, die die Anwendungen im Sinne der Nutzer auf ihre Funktionstüchtigkeit prüft, sei nicht vorhanden. Das habe bereits bei der aktuellen ePA und dem E-Rezept-Start zu Problemen geführt.

Forderungen an die Gematik

Damit die ePA alltagstauglich in Betrieb geht, müsse das Zusammenspiel aus PVS- und ePA-Aktensystem sowie Authentisierungsfunktionen insgesamt funktionieren. Diese Aufgabe liege im Verantwortungsbereich der Gematik. Grundvoraussetzung sei demnach eine hinreichende Performance des Gesamtsystems, bestimmte Vorgänge dürften einfach nicht mehr als wenige Sekunden zum Laden in Anspruch nehmen.

Zudem sollte es machbar sein, der Praxis als Patient oder Patientin auch zu erlauben, länger als 90 Tage auf die ePA zugreifen zu können. „Die Möglichkeit einer solchen individuellen Befugnisdauer wird durch die aktuellen Gesetzesvorgaben nicht verlangt – aber auch nicht untersagt. Insbesondere im Umgang mit Chronikern und ‚Stammpatienten‘, die selbst die ePA-App ihrer Krankenkasse nicht bedienen können und auch über keinen Vertreter verfügen, ist diese Möglichkeit für einen reibungslosen Praxisalltag unumgänglich“, heißt es im Eckpunktepapier. Apotheken hingegen bekommen sogar nur drei Tage Zugriff.

„Mit dem Eckpunktepapier zur ePA machen wir konstruktive Vorschläge, damit die ePA ein Erfolg für die niedergelassene Ärzteschaft und auch für die Patientinnen und Patienten wird“, so KVN-Vorständin Nicole Löhr. Hierbei geht es den Ärzt:innen vor allem um den Versorgungsalltag in den Arzt- und Psychotherapeutenpraxen. Miteingeflossen seien zahlreiche Fragen und Wünsche der Mitglieder, man wolle „aus der passiven Rolle des Reagierens und Kritisierens in die Rolle des konstruktiven Agierens kommen", ergänzt Dr. Kristina Spöhrer, Vorsitzende des KVN-Digitalisierungsausschusses.

Deutlicher Mehrwert noch nicht erkennbar

„Die ‚ePA für alle‘ muss aber einen deutlichen Mehrwert zu den derzeit von den Krankenkassen angebotenen elektronischen Patientenakten bieten. Dies ist leider in der nun für den Start der ePA vorgesehenen Basisversion nicht ausreichend erkennbar“, ergänzte Löhr. Schon die bisherigen ePA-Angebote der Kassen seien unzureichend praktikabel und wurden daher auch kaum angenommen. Die neue ePA müsse es besser machen.

Nun hoffen die Vertreter:innen der KVN, dass die Belange aus dem Praxisalltag bei Bundesgesundheitsministerium und Gematik bezüglich der Spezifikationen zur ePA Berücksichtigung finden. „Die KVN betrachtet das Eckpunktepapier auf Basis der bisherigen Erfahrungen der Praxen mit der ePA als detaillierte Diskussionsgrundlage. Wir betreiben kein ePA-Bashing“, so Löhr. Vor einem bundesweiten Roll-out müsse die ePA aber ausgiebig erprobt werden.

Krankenkassen informieren zur ePA

Nun müssten vor allem auch die Versicherten informiert werden, schließlich seien sie der Schlüssel zu einer funktionierenden ePA. Hier sehen die Ärzt:innen die Krankenkassen in der Pflicht, die dieser auch in Teilen langsam nachkommen. „Aktuell beginnen die elf AOKs damit, ihre 27 Millionen Versicherten mit persönlichen Anschreiben oder E-Mails über die Einrichtung ihrer persönlichen ePA zu informieren“, berichtet beispielsweise die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Dr. Carola Reimann. Hier werde auch auf die Widerspruchs-Möglichkeit hingewiesen.

Beim Thema sei noch viel Informations- und Überzeugungsarbeit zu leisten, wie die Ergebnisse einer repräsentativen Civey-Befragung im Auftrag des AOK-Bundesverbandes unter 10.000 im August befragten Personen zeigten. Demnach befürworten 61 Prozent der Befragten das automatische Anlegen der neuen ePA. Knapp 20 Prozent der Befragten lehnen das ab, etwa 15 Prozent sind noch unentschieden. 77 Prozent der Befragten hätten aber Interesse an den Funktionen der ePA. Im Herbst will auch das Bundesgesundheitsministerium eine Werbekampagne für die ePA starten.

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