Modellprojekt: Ärzte erhalten E-Rezept-Bonus APOTHEKE ADHOC, 10.03.2021 15:13 Uhr
Nicht nur bei den Apothekern, auch bei den Ärzten hält sich die Begeisterung für das E-Rezept noch in engen Grenzen – ohne Verordner aber keine Verordnungen. Deshalb erhalten sie im Modellprojekt „E-Rezept Deutschland“ eine Pauschale und einen Bonus je ausgestelltem E-Rezept. Und das nicht nur bis zur offiziellen Einführung des staatlichen E-Rezepts, sondern bis einschließlich September 2022. Warum? Die Projektpartner wollen der Gematik bei ihrer strategischen Entscheidung für die zentrale E-Rezept-App etwas auf die Sprünge helfen.
Ab Juli soll das Gematik-E-Rezept verfügbar sein, ab Januar verpflichtend – trotzdem haben mehrere Ersatzkassen um die Techniker Krankenkasse (TK) herum Ende 2020 ein eigenes E-Rezept-Modellprojekt ins Leben gerufen. Entscheidet sich ein Versicherter der beteiligten Kassen für die Nutzung des E-Rezepts, bekommt er es von den teilnehmenden Ärzten in Form eines QR-Codes auf das Smartphone geschickt. Diesen QR-Code kann der Patient bei den am Projekt teilnehmenden Apotheken einscannen lassen und so das Rezept einlösen. Möglich ist auch, den Code an eine Apotheke weiterzuleiten und sich das Medikament liefern zu lassen, komplett kontaktlos.
Nur müssen die Ärzte dazu auch E-Rezepte anfertigen können. Dazu kooperieren die Kassen unter anderem mit dem Softwaredienstleister Medatixx, der wie ADG zur Merckle-Gruppe gehört und dessen Praxissoftware von von rund 38.000 Ärzten in 21.000 Praxen eingesetzt wird. Damit sie nicht nur können, sondern auch wollen, unterbreitet Medatixx ihnen ein Angebot: „Durch die Ausstellung der E-Rezepte und die damit verbundenen organisatorischen und kommunikative Zusatzleistungen entstehen Aufwände, welche Ihnen mit einem Rabatt auf die monatliche Softwarepflegegebühr entschädigt werden“, so das Unternehmen an die Adresse der Ärzte.
Aus der Ergänzungsvereinbarung zur Nutzung des in die Praxissoftware integrierten E-Rezept-Moduls, die APOTHEKE ADHOC vorliegt, geht hervor, wie der Rabatt aussieht: Bis 30. September erhalten die Praxen 50 Euro pro Monat und vom 1. Oktober bis zum 30. September 2022 dann 30 Euro. Hinzu kommt ein Euro pro ausgestelltem E-Rezept. Das Geld kommt dabei nicht von den Kassen, sondern vom Softwareanbieter selbst, wie der auf Anfrage erklärt.
„Unter den Ärzten herrscht, vorsichtig ausgedrückt, eine sehr abwartende Grundhaltung auch zum beim Thema E-Rezept. Wenn wir unsere Kunden ohne das Angebot einer Aufwandsentschädigung gefragt hätten, ob sie an dem freiwilligen Modellprojekt teilnehmen möchten, wäre die Bereitschaft aus nachvollziehbaren Gründen sehr gering“, sagt Medatixx-Geschäftsführer Jens Naumann. „Für uns ist es wichtig und geldwert, in diesem Modellprojekt vor der verpflichtenden Verwendung die durch das E-Rezept entstehenden neuen Prozesse in der Praxis testen zu können. Die Teilnahme am Modellprojekt ist für die Praxen freiwillig und mit zusätzlichem Aufwand verbunden. Um die E-Rezept-Prozesse schon jetzt schon mit interessierten Ärzten ausprobieren zu können, investieren wir gern.“
Eigentlich könnten sich diese Investitionen bereits zum 1. Januar erübrigen, denn ab dann soll das E-Rezept ja ohnehin verpflichtend sein. Rechnet Medatixx also damit, dass die E-Rezept-Einführung nicht zu halten ist? Nein, sagt Naumann, das Projekt solle vielmehr auch über den offiziellen Startschuss hinaus weitergeführt werden, um ein politisches Zeichen zu setzen. „Wir möchten den Gesetzgeber motivieren, neben der Gematik-App auch Apps von anderen Anbietern den Zugriff auf den E-Rezept-Fachdienst zu gestatten, um für die Patienten die Nutzung einer App ihrer Wahl zu ermöglichen“, erklärt Naumann. „Ein Monopol der Gematik-App wird kontraproduktiv für die Akzeptanz der Patienten wirken.“ Es habe sich bei der Gematik-App schlicht um einen politischen Prozess gehandelt, sinnvoller wäre es demnach hingegen, auch die direkte Anbindung von Apps wie derjenigen der TK zu ermöglichen – und damit eine direkte Kopplung an die elektronische Patientenakte.
Auch deshalb begreife Medatixx die Zusammenarbeit mit den Ärzten als „Entwicklungspartnerschaft“, wie Naumann sagt. Vor allem zu Beginn werde die Einführung des E-Rezepts in den Praxen nämlich einen zusätzlichen Aufwand durch neue Prozesse sowie einen erhöhten Erklärungsbedarf gegenüber den Patienten bedeuten. Deshalb sei es wichtig, die richtigen Anreize zu setzen, damit sie lernen, die neuen Abläufe in ihrem System richtig umzusetzen. „Nach unserer aktuellen Einschätzung werden die Ärzte zu Beginn in der Masse eher den QR-Code ausdrucken, als sich auf eine App-Nutzung ihrer Patienten zu verlassen“, sagt Naumann. „Wenn es nicht gelingt, die Ärzte für die neuen digitalen Anwendungen zu begeistern, werden sich Dienste wie E-Rezept, ePA oder eAU nur langsam evolutionär etablieren. “