Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat nicht nur die flächendeckende Einführung des E-Rezepts zum Jahresanfang gestoppt, sondern an dem Projekt zuletzt auch wenig Gutes gefunden. Das sei aber nicht als Stopp des E-Rezepts misszuverstehen, wie Gematik-Geschäftsführer Dr. Markus Leyck Dieken nun eilig betont. Die Testphase laufe wie gewohnt weiter.
Eine „WICHTIGE KLARSTELLUNG“ war Leyck Dieken auf dem Kurznachrichtendienst Twitter ein Anliegen: „Das eRezept und die eAU laufen planmäßig weiter. Kein Stopp durch Minister Lauterbach.“ Eine entsprechende Kommunikation des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) werde „zügig“ erfolgen. Leyck Dieken informiert schon aktiv selbst, weil heute in Berlin ein gesetzlicher Feiertag (Internationale Frauentag) ist.
Es gebe aber ein „hohes Interesse an der weiteren Entwicklung in der Testphase“, betont Leyck Dieken. Daher bittet der Gematik-Chef die Gesellschafter und Partner „die Anwendungen ohne Zögern fortzuführen“.
Nach dem Aus für die flächendeckende Einführung zum Jahreswechsel hatten sich die Gesellschafter auf eigene Vorgaben geeinigt und sechs Kriterien festgelegt. Zunächst sollen jetzt 30.000 E-Rezepte erfolgreich eingelöst werden – unabhängig von einem Zeitpunkt.
Die Gematik weist den Fortschritt neuerdings transparent auf der eigenen Homepage aus. Laut dem Dashboard wurden bis zum heutigen Tag 3711 E-Rezepte eingelöst. Die erfolgreiche Abrechnung der Rezepte ist dabei allerdings nicht erfasst, der Wert liegt laut den Rechenzentren noch deutlich darunter.
Da nach wie vor viele Praxisverwaltungssysteme noch Probleme mit dem E-Rezept haben, steigt aber auch die Zahl der eingelösten E-Rezepte nur langsam. Zum Vergleich: Vor einer Woche waren es 2882, vor zwei Wochen 2018. Es ist aber davon auszugehen, dass sich das Wachstum deutlich beschleunigt, wenn mehr Praxen technisch dazu in der Lage sind.
Lauterbach hatte unlängst beim „Praxischeck“ der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) begründet, warum er die verpflichtende Einführung gestoppt hatte: „Ich habe einen Überblick gewonnen, wo wir beim E-Rezept stehen, und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass wir noch nicht ‚ready for party‘ sind.“ Das System sei fehleranfällig, der Nutzen sei nicht klar. „Was bringt ein E-Rezept, das ich ausdrucken muss. Das kann noch nicht überzeugen.“
Und dann hatte er wörtlich gesagt: „Ich habe das E-Rezept gestoppt, weil ich nicht den Eindruck habe, dass wir an dem Punkt angekommen sind, wo wir es machen können.“ Dies habe er entschieden, ohne dass die Ärzte ihn darum gebeten hätten, so Lauterbach. „Dinge wie E-Rezept und elektronische Krankschreibung müssen kommen, aber nicht so.“ Denn es sei kontraproduktiv für die Akzeptanz aller Beteiligten, wenn man Dinge durchboxe, die keinen spürbaren Nutzen hätten.
Applaus gab es dafür von KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel. Er begrüße den angekündigten Kurswechsel der Ampelkoalition hin zu einer versorgungszentrierten Digitalisierung sowie zum Abbau von Bürokratie in den Praxen. Es gehe um kleine Dinge, die die Versorgung konkret verbesserten, und nicht um „große Digitalisierungsvisionen“, so Kriedel am Freitag. „Der TI-Tanker hat noch nicht Schiffbruch erlitten, aber ist in gefährliche Untiefen geraten. Wir können ihn nur gemeinsam wieder heraus manövrieren. Wir stehen bereit, um konstruktiv daran mitzuwirken und Impulse aus der Praxis zu liefern. Vor allem, um zu erörtern, wie versorgungsrelevant und praxistauglich die jeweiligen Pläne der Politik sind“, sagte Kriedel.
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