Nordrhein: Jedes 5. E-Rezept macht Probleme Laura Schulz, 07.01.2024 22:13 Uhr
Das seit Anfang 2024 breit vorgesehene E-Rezept ist nach Angaben des Apothekerverbandes Nordrhein (AVNR) mit großen Startschwierigkeiten verbunden. Jedes fünfte vorgelegte E-Rezept verursachte laut einer Verbandsumfrage in den ersten Tagen erhebliche Probleme bei der zügigen Versorgung der Patienten, sagte Verbandschef Thomas Preis.
Dabei gebe es verschiedene Fehlerquellen: In vielen Fällen seien E-Rezepte nicht korrekt in der Arztpraxis ausgestellt worden. Hinzu kämen Serverprobleme außerhalb des Apothekenbereichs etwa bei Krankenkassen und der Gematik. In einem kleinen Teil der Problemfälle sei die Apothekensoftware der Verursacher der Verarbeitungsschwierigkeiten.
76 Prozent der Umfrageteilnehmenden gaben Probleme beim Abrufen und Bearbeiten der E-Rezepte an. Bei 65 Prozent der Teilnehmenden dauere die Bearbeitung eines E-Rezeptes länger als die eines Papierrezeptes. Auch der erhöhte Dokumentationsaufwand, das langsame Laden der E-Rezeptdaten und die erschwerte Umsetzung aufgrund der Lieferengpässe bei Arzneimitteln, lassen das E-Rezept schlecht dastehen.
Insgesamt gesehen seien mehr als die Hälfte aller Rezepte bereits E-Rezepte. „Das E-Rezept ist in den Apotheken angekommen. Wir freuen uns sehr über die große Akzeptanz bei unseren Kunden:innen und Patient:innen“, erklärte Preis. Im Dezember 2023 war nur jedes zehnte Rezept ein E-Rezept.
Drei Minus fürs E-Rezept
Alle beteiligten Akteure seien aber aufgefordert, die Schwachstellen baldmöglichst abzustellen. Nach Schulnoten bewerteten die befragten Apotheker das E-Rezept eher durchschnittlich mit einer Drei Minus. „Elektronische Verordnungen gefährden aktuell in zu vielen Fällen die schnelle Arzneimittelversorgung der Menschen. Das darf so nicht bleiben. Das sind alle Beteiligten den Patientinnen und Patienten schuldig. Eine Drei Minus für so etwas Wesentliches wie Arzneimittel-Verordnungen ist überhaupt nicht ausreichend.“
Über 80 Prozent der E-Rezepte wurden laut Umfrage über die elektronische Krankenkassenkarte (eGK) eingelöst, 18 Prozent erfolgten mit Papierausdruck. Die Gematik-App sei in 1 Prozent der vorgelegte E-Rezept-Fälle genutzt worden.
Apotheker:innen kritisierten zudem konkret die vom Arzt nicht oder erheblich verzögert signierten E-Rezepte, so der Verband. Es gebe Arztpraxen, bei denen die Signierung bis zu 24 Stunden dauere. Patient:innen müssten oft unnötig warten oder auf den nächsten Tag vertröstet werden. Zudem fehlten häufig Angaben, wie die PZN, und Freitextverordnungen hielten die Prozesse in den Apotheken auf.
Dringender Austausch mit Ärzt:innen
„In Bezug auf die Anlaufschwierigkeiten im Zusammenhang mit fehlerhaft ausgestellten elektronischen Rezepten durch Arztpraxen werden wir uns schnellstmöglich mit den Ärzteverbänden austauschen“, so Preis. So wie es aktuell laufe, könnten die Patient:innen in vielen Fällen nicht schnell genug versorgt werden. Zusätzlich entstehe noch mehr Erklärungsbedarf in den Apotheken.
„Ein entscheidender Belastungstest für das E-Rezept wird in dieser Woche kommen. Dann sind alle Arztpraxen nach den Ferien wieder geöffnet. Die dann steigenden Rezeptzahlen werden die Server der Gematik und der Krankenkassen auf eine Bewährungsprobe stellen“, so Preis weiter.
An der Blitzumfrage des Apothekerverbandes Nordrhein hatten sich am 4. Januar und 5. Januar etwa 450 Apotheken beteiligt. Das sind rund 25 Prozent der Mitgliedsapotheken des regionalen Verbandes.
Lauterbach: Probleme sind Ausnahmefälle
Auf Nachfrage der Bild-Zeitung zu den Startschwierigkeiten beim E-Rezept meinte Karl Lauterbach (SPD) am vergangenen Freitag: „Im Ausnahmefall gibt es noch Probleme, weil einige Krankenkassen und Ärzte ihre Systeme noch nicht aktualisiert haben. Ich bin sicher, nach kurzer Zeit wird das E-Rezept unkomplizierter Alltag für alle.“