Lauterbach: Zwei Digitalgesetze auf einen Streich Patrick Hollstein, 25.04.2023 12:19 Uhr
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gilt als der neue Digitalboy – zumindest innerhalb der Bundesregierung. Weil sein Ressort gewissermaßen am wenigsten weit weg ist von konkreten Maßnahmen zur Digitalisierung, soll er als Pionier vorangehen.
Lauterbach will in Kürze zwei Digitalgesetze präsentieren, die Vorbereitungen seien weit fortgeschritten, sagte er zum Auftakt einer Veranstaltung „Status-Update zur #Digitalisierungsstrategie Deutschland“ des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV). Dasselbe hatte er schon vor einem Monat in der Bundespressekonferenz gesagt und dann noch einmal im Digitalausschuss des Bundestags.
Neue Details hatte er heute nicht dabei, nur dass beide Gesetze – das zur Digitalisierung der Versorgung und das zur Nutzung der Patientendaten – parallel im Kabinett verabschiedet werden sollen. Den Status quo als analog zu bezeichnen, sei schon ein Euphemismus, sagte er: Vielfach seien unleserliche Handschriften etwa auf Rezepten oder Befunden die Regel. Und wichtige Befunde lägen oft nicht vor, wie er aus seinen Erfahrungen im Bereich der ärztlichen Zweimeinung wisse.
„Digitale Lösungen sind Voraussetzungen für das Wachstum der deutschen Wirtschaft. Auch nach dem Ende des fossilen Zeitalters – für eine der wichtigsten Wachstumsbranchen, dem Gesundheitswesen, gilt dies in besonderem Maße. So werden neue Märkte eröffnet und wir machen bessere Medizin möglich“, so Lauterbach.
E-Rezept soll Regel werden
Zuerst werde man das E-Rezept zur Regel machen. Dann solle die elektronische Patientenakte (ePa) für möglichst viele Versicherte zum Alltag werden. „Ärztinnen und Ärzte können so besser behandeln und zukunftsweisende Forschung wird erst dadurch möglich. Wir müssen den Schalter umstellen. Digitalisierung ist Basis einer modernen Medizin. Der Neustart hat hier begonnen.“
Um einen Durchbruch zu erreichen, sollen nach Plänen der Koalition alle gesetzlich Versicherten bis Ende 2024 automatisch eine E-Akte bekommen – es sei denn, man lehnt das aktiv ab. Bisher muss man aktiv einwilligen, wenn man eine will. Als freiwilliges Angebot waren die E-Akten schon 2021 eingeführt worden, aber nicht einmal 1 Prozent der 74 Millionen gesetzlich Versicherten nutzt sie. Erklärtes Ziel der Bundesregierung bis 2025 ist, dass 80 Prozent E-Akten haben. Sie können Befunde, Laborwerte oder Medikamentenlisten speichern.
Ziel sei, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger dafür zu gewinnen, so Lauterbach. Er ist zuversichtlich, dass das gelingen wird: Immerhin gehe es um einen konkret erlebbaren Nutzen in der Versorgung.
Durchdachte digitale Angebote
Wissing freut sich über die Initiative seines Kabinettskollegen: „Digital muss das neue Normal in Deutschland werden. Karl Lauterbach und ich wollen in unseren Bereichen künftig noch stärker auf durchgehende Digitalisierung setzen und analoge Prozesse nach und nach ablösen.“ Helfen sollen dabei interministerielle Teams sowie ein Beirat zur Digitalisierungsstrategie mit Vertreter:innen aus Forschung und Wirtschaft…
Man brauche mehr Mut von der Politik auf allen Ebenen, analoge Strukturen zu hinterfragen und volldigitale Angebote umzusetzen, so Wissing. „Ziel muss sein, teure Doppelstrukturen abzuschaffen und rein digital zu verwalten und das so schnell wie möglich. Voraussetzung dafür sind gut durchdachte, digitale Angebote.“
Dabei dürfe man sich auch nicht von Bedenken ins Bockshorn jagen lassen: „Das Deutschlandticket zeigt, dass ‚digital only‘ in unserem Land funktioniert – ohne Menschen auszuschließen.“ Digitale Angebote könnten für Einsparungen und auch einen besseren Datenschutz sorgen. Im Nahverkehr gebe es derzeit Vertriebskosten von zwei Milliarden Euro pro Jahr für ein „unglaublich komplexes Ticketsystem“, schilderte er aus seinem Bereich. Kosten für gedruckte Papierfahrscheine seien hoch, auch für Automaten mit Aufwand bei Wartung und Betrieb. Solche Dinge fielen weg, wenn es digitale Tickets gebe. Diese Einsparungen könne man nutzen, um das Nahverkehrsangebot zu verbessern oder auch den Preis des Deutschlandtickets stabil zu halten.
Wissing nannte als weiteres Beispiel die digitale Zulassung von Autos, bei der enorme Einspareffekte möglich seien. Dadurch könnten Zulassungsgebühren gesenkt werden. Geld, das so nicht ausgegeben werden muss, solle den Bürgerinnen und Bürgern zugutekommen.