Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen Lippe (KVWL) hat ihren Ausstieg aus dem E-Rezept-Rollout erklärt und erhebt nun Vorwürfe gegen den Bundesdatenschutzbeauftragten. Weil dieser die Übertragung mittels elektronischer Gesundheitskarte (eGK) ablehne, sehe man sich gezwungen, den Rollout auszusetzen.
Eigentlich sollten in der KV-Region seit 1. September immer mehr Praxen das E-Rezept intensiv testen. Doch jetzt stoppt die KVWL bis auf weiteres die Akquise. „Die vom Bundesdatenschützer erteilte Ablehnung des eGK-Wegs bedeutet eine eklatante zusätzliche Verzögerung bis Mitte 2023. Denn jetzt sind zusätzliche technische Anpassungen in den Apotheken-Verwaltungssystemen und in den Konnektoren für die Anbindung an die Telematikinfrastruktur erforderlich“, sagt KVWL-Vorstand Thomas Müller.
Die Entscheidung des Datenschützers sei „eine Bankrotterklärung für die Digitalisierung im Gesundheitswesen generell und speziell in der ambulanten Versorgung“, so Müller weiter. „Für die mehr als 13.000 ärztlichen Mitglieder der KVWL wäre die digitale Lösung der ersten Massenanwendung ein großer Schritt gewesen – nun wird einmal mehr eine große Chance leichtfertig vertan.“
Laut dem Beschluss der Gematik wurde als Erfolgskriterium definiert, dass 25 Prozent der E-Rezepte elektronisch eingelöst werden müssen. Davon war man schon vor dem Aus des eGK-Verfahrens weit entfernt. Die Zahlen der eingelösten E-Rezepte steigt zwar kontinuierlich an, die digitale Verordnung bleibt aber die absolute Ausnahme.
Müller ist überzeugt, dass die Entscheidung der Datenschützer dazu führen wird, dass das Ziel nicht eingehalten werden kann. „Der Bundesdatenschützer zwingt uns damit, Konsequenzen zu ziehen. Es ist für die Ärzteschaft nicht zumutbar, noch bis Mitte des nächsten Jahres nahezu ausschließlich papiergebundene E-Rezepte auszustellen.“ Die KVWL fordere eine rein digitale Lösung – nur dann kann eine Fortsetzung des Rollouts erfolgen.
Schon vor dem geplanten Start im September 2022 war die KV Schleswig-Holstein als zweite vorgesehene Testregion aus dem Roll-out ausgestiegen. Im Norden war zuvor unter anderem ein Verfahren verwendet worden, bei dem der E-Rezept-Token per Mail versandt wurde. Auch dagegen hatte es datenschutzrechtliche Bedenken gegeben. Die Gmeatik hatte kritisiert, dass dieses Verfahren ohnehin nie vorgesehen gewesen sei.
Damit es mit dem E-Rezept endlich vorangeht, sollte das eGK-Verfahren beschleunigt eingeführt werden. Daran hatte auch die KVWL ihre Bereitschaft zur Fortsetzung des Rollouts geknüpft. Doch dann hatten die Datenschützer auch dieses Verfahren für zu unsicher erklärt, jedenfalls in seiner derzeit geplanten Form.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte Mitte Oktober erklärt: „Wir haben uns mit Sicherheitslücken zu beschäftigen, das tun wir auch sehr intensiv.“ Sobald diese geschlossen seien, werde man darüber informieren. „Ich habe darauf hingewiesen, dass der Rollout sich wegen technischer Probleme verzögert.“ Diese seien bereits in der Konzeptionsphase entstanden, „an der ich ja noch beteiligt gewesen bin“.
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