Der Telemedizinanbieter Kry zieht sich auch aus dem deutschen Markt zurück. Ab Dezember werden keine Videosprechstunden mehr angeboten, wie ein Sprecher auf Nachfrage von APOTHEKE ADHOC bestätigte. Der Schritt sei eine Reaktion auf die veränderten Marktbedingungen.
Kry ist nach eigenen Angaben europäischer Marktführer bei Online-Sprechstunden, mit mehr als 3 Millionen behandelten Patient:innen. Das Unternehmen war 2015 in Schweden gestartet. Den Markteinstieg in Deutschland hatte Kry 2019 über eine Kooperation mit DocMorris geschafft. Doch dann hatte der Mutterkonzern Zur Rose 2020 den Kry-Konkurrenten Teleclinic für einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag gekauft. Von DocMorris fallengelassen, kooperierte Kry anschließend mit dem Versender apo.com. Im Frühjahr 2021 hatte sich der Anbieter bei einer weiteren Investorenrunde 300 Millionen US-Dollar (262 Millionen Euro) auf einen Schlag gesichert.
Neben Video-Sprechstunden bietet Kry Online-Krankschreibungen und Rezepte per App. Doch damit ist bald Schluss: „Leider mussten wir im Sommer diesen Jahres die schwierige Entscheidung treffen, die Kry-Dienste in Deutschland ab dem 1. Dezember 2022 einzustellen. Dies betrifft auch die Kry App und die dazugehörige Videosprechstunde.“
In Deutschland ist das Geschäft offenbar nicht schnell genug in Schwung gekommen. „Die Entscheidung ist eine Reaktion auf die veränderten Marktbedingungen, welche zur Folge haben, dass wir das Ziel der Profitabilität schneller als geplant erreichen müssen.“ Die Unternehmensgruppe will sich daher zunächst auf die Märkte in Schweden, Norwegen, Frankreich und UK fokussieren.
Ab dem 1. Dezember werden alle Nutzer-Konten geschlossen – ein Zugriff wird danach nicht mehr möglich sein. „Ab diesem Datum werden wir entsprechend unserer Datenschutzerklärung auch alle personenbezogenen Daten, für die keine Aufbewahrungspflicht besteht, von unseren Servern löschen“, so der Kry-Sprecher. Behandlungsdaten sollen ab Dezember von den jeweils behandelnden Ärzt:innen verwaltet werden. Ab Dezember sollen die Patient:innen sich direkt an diese wenden.
Eine Hintertür hält sich Kry offen: „Obwohl wir unsere Dienste nun einstweilen einstellen, bleibt die digitale Transformation des Gesundheitswesens in Deutschland eine dringliche Aufgabe und wir wollen einen Wiedereinstieg in den deutschen Markt im Auge behalten“, so der Sprecher.
Die Telemedizin in Deutschland hatte Ende 2021 einen Rückschlag erlitten. Der Bundesgerichtshof hatte die Grenzen für Fernbehandlungen durch Ärzt:innen per App in seiner „Ottonova-Entscheidung“ eng gezogen. Die Karlsruher Richter betonten in der Urteilsbegründung die Bedeutung der „fachlichen Standards“. Die Möglichkeiten der Telemedizin waren nach diesem Urteil recht begrenzt. Die schleppende Einführung des E-Rezepts und die Debatte um Einschränkungen von Drittanbietern dürften bei Kry zusätzlich auf die Stimmung gedrückt haben.
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