Lieferengpässe als doppeltes Problem

Kostenfalle CardLink: Jede Abfrage kostet

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Berlin -

CardLink wird noch immer nicht in der breiten Fläche genutzt oder ist überhaupt nutzbar. Neben den beiden großen Versandapotheken spielt auf dem Markt der Vor-Ort-Apotheken bisher erst die Plattform Gesund.de mit; die standeseigene Gedisa möchte mit ihren Partnern hier in den kommenden Wochen anknüpfen. Zum Wirrwarr um die verschiedenen Anbieter und deren Kosten kommen auch grundsätzliche Bedenken der Apotheken zum Verfahren. Auch die Frage, ob sich das Ganze nicht noch als Kostenfalle herausstellt, treibt Inhaber:innen um.

So zum Beispiel Ralf Sommer, dessen Frau Jutta die Rats-Apotheke im hessischen Michelstadt führt. Er hat sich noch einmal mit den Inhalten der Gedisa-Pakete für CardLink beschäftigt und ist über ein Detail gestolpert: Gezählt werden bei der Gedisa die Transaktionen, um daraus entsprechende Kosten für die Apotheken abzuleiten.

Mit dem günstigsten Tarif für 49 Euro können bei der Gedisa bis zu 100 Transaktionen getätigt werden, für 250 Transaktionen sind 64 Euro zu bezahlen und für jede weiteren 250 Transaktionen werden dann 25 Euro fällig. Gestartet wird mit dem kleinsten Paket, bei Bedarf können die größeren Pakete freigeschaltet werden. Als Transaktion wird hier die Abfrage des Kunden für sein E-Rezept gewertet – das heißt aber nicht automatisch, dass der Kunde sein Rezept auch bei der Apotheke einlöst.

Berechnung nach Transaktion

„Ich find das schon extrem“, so Sommer. „Wir haben das ja schon bei den ganzen Diabetespräparaten, dass die Kunden erst einmal abfragen, ob das überhaupt vorrätig ist. Das wird dann schnell zur Kostenfalle, wenn jedes Mal geschaut wird, ob die Arzneimittel da sind“, gibt Sommer zu bedenken.

Als Grund für die Kostenstruktur gibt die Gedisa an: „Die Grundlage für die Angebotskalkulation bilden die Fixkosten sowie die variablen Transaktionskosten, zum Beispiel für den SMS-Versand pro Übertragung. Das heißt für Sie: keine versteckten Nebenkosten oder Transaktionsgebühren“, versichert die Gedisa. Dabei schlagen unter anderem die etwa 10 Cent pro SMS ins Kontor, die zur Verifizierung der Kunden benötigt werden. Das Verfahren per SMS-Verifizierung in der CardLink-Spezifikation wurde bereits vielfach als veraltet kritisiert.

Dass sich das Kostenmodell der Gedisa also womöglich an den SMS-Kosten orientiert, könnte unter Umständen bei bestehenden Lieferengpässen zum Problem werden. Schaut der Kunde nur mal eben, ob er denn auch ein Rezept „auf der Karte“ hat, muss die Apotheke innerhalb ihrer Pauschale auch dafür bezahlen. „Das würde bedeuten, wenn der Kunde zehn Mal mit CardLink schaut, ob sein Rezept schon vom Arzt signiert wurde, bin ich 4,90 Euro los. Und das wohl auch, wenn der Kunden anschließend das Rezept wo anders einlöst? Das wäre der Hammer! Die Gedisa ist eine standeseigene Organisation – mir fehlen die Worte“, moniert Sommer.

Erst einmal zu schauen, wie sich das Ganze in der Praxis entwickelt, ist für die teilnehmenden Apotheken ebenfalls nicht möglich, gibt Sommer zu bedenken. „Wir sind ein Jahr an die Gedisa gebunden. Wir können dann nicht einfach raus.“ Die Vertragslaufzeit beträgt nämlich ein Jahr, in dem die Apotheken monatlich mindestens das Paket S für 49 Euro bezahlen müssen.

CardLink trotzdem bestellt

Trotzdem hat die Rats-Apotheke CardLink bei der Gedisa bestellt. „Grundsätzlich halten wir das für eine notwendige Sache, um mit dem Versandhandel gleichzuziehen. Für uns ist das ein Muss“, meint Sommer. Er findet das Modell der Gedisa trotzdem gelinde gesagt „schwierig“. Er hat dazu auch seinen Apothekerverband angeschrieben, aber keine zufrieden stellende Antwort erhalten: Man müsse das Preismodell, das unter anderem im SMS-Versand begründet ist, akzeptieren.

Gesund.de bleibt bei 99 Euro

Bei Gesund.de werden pauschal 99 Euro für CardLink veranschlagt – unabhängig von der Anzahl der Transaktionen. „Für das Einführungsjahr 2024 gewähren unsere Vertriebspartner und wir Sonderkonditionen“, heißt es zudem von der Plattform, hinter der Phoenix sowie Noventi, Wort & Bild und weitere Partner stehen. Diese Kosten kündigte das Unternehmen bereits im Frühjahr an.

Dabei geht es auch kostenlos

All das wäre eigentlich gar nicht notwendig – schließlich gibt es mit der E-Rezept-App der Gematik bereits eine Lösung, die für alle Beteiligten kostenlos ist. Wie wenig die umständlich zu aktivierende Lösung aber genutzt wird, zeigt das Beispiel der Bären-Apotheke im sächsischen Bernsdorf. Inhaber Michael Becker hat erst jetzt die ersten Berührungspunkte mit der E-Rezept-App gehabt.

Er sei ganz begeistert gewesen, wie gut der Abruf geklappt habe, so Becker. Die App kannte er vorher gar nicht. „Es funktioniert und ich habe das E-Rezept direkt im System und muss es nicht erst über einen Drittanbieter abrufen“. Nun hat er zwei Kunden, die ihre E-Rezepte darüber einlösen, und würde sich wünschen, dass die App in der Breite mehr genutzt wird. Bisher ist die App der Gematik in Sachen Akzeptanz aber eher als Flop zu werten.

Generell laufen Plattform- und digitale Lösungen bei ihm in der sächsischen Kleinstadt bisher komplett „unter dem Radar“. „Es gibt so viele Anbieter, jeder macht seins. Gerade jetzt müssen wir Kosten und Nutzen abwägen“, so Becker. Bei CardLink werde er sich daher vorerst nicht anschließen. Auch die Gedisa-Lösung überzeugt ihn nicht: „Für eine standeseigene Organisation ist das dann doch ganz schön teuer.“

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