Im Konnektoren-Streit zwischen Red Medical und Pharmatechnik ist eine Entscheidung gefallen: Das Oberlandesgericht München (OLG) hat den Antrag auf eine einstweilige Verfügung gegen Pharmatechnik zurückgewiesen. Die Richter sahen in der Weigerung von Pharmatechnik, die Konnektoren von Red Medical anzubinden, kein unlauteres Geschäftsgebaren. Dutzende Apotheken müssen sich nun wahrscheinlich neue Konnektoren zulegen – die sie nicht erstattet bekommen.
Pharmatechnik darf es Apotheken verweigern, ihre Warenwirtschaften an den Konnektor – und damit an die Telemaikinfrastruktur (TI) – anzubinden, wenn der von Red Medical bereitgestellt wird. Die einstweilige Verfügung dagegen hat es am Donnerstagnachmittag in zweiter Instanz zurückgewiesen. Zuvor war Red Medical vor dem Landgericht München I unterlegen und in Berufung gegangen.
Red Medical streitet seit knapp zwei Jahren mit anderen Softwarehäusern in der Apothekenbranche: Demnach erheben auch andere Warenwirtschaftsanbieter Zusatzgebühren – Red Medical spricht von „Strafzöllen“ – für die Anbindung von „Fremdkonnektoren“ an ihre Warenwirtschaften. Red Medical bietet keine eigene Warenwirtschaft und ist zur Umsetzung seines Konzepts von Konnektorenfarmen, also der zentralen Verwaltung der Konnektoren in Rechenzentren, auf den Anschluss an die Warenwirtschaften der anderen Anbieter angewiesen. Dagegen wollte Red Medical vergangenes Jahr vorgehen und mahnte mehrere Softwarehäuser unter Verweis auf eine wettbewerbswidrige gezielte Behinderung gemäß § 4 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ab. Außerdem seien die „Strafzölle“ kartellrechtswidrig gemäß § 20 Absatz 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) – nämlich unter dem Gesichtspunkt einer unbilligen Behinderung.
Pharmatechnik geht dabei besonders drastisch vor: Das Starnberger Unternehmen erhebt keine Zusatzgebühr, sondern verweigert den Anschluss kategorisch – allerdings nur bei den Konnektoren von Red Medical, nicht denen von CGM und Secunet. Red Medical erwirkte eine einstweilige Verfügung, die das LG München I vergangenen August mit der Begründung kippte, dass Pharmatechnik nicht marktbeherrschend genug sei.
Im Berufungsverfahren erhielt Pharmatechnik nun erneut Recht. „Die Richter haben sich sehr intensiv mit unserer Sache auseinandergesetzt, sind aber zu der aus unserer Sicht falschen Einschätzung gelangt, dass das Verhalten von Pharmatechnik nicht unlauter ist“, erklärt Red-Medical-Geschäftsführer Jochen Brüggemann. „Es ist für uns nach wie vor nicht nachvollziehbar, warum von Pharmatechnik zwei der drei zertifizierten Konnektoren unterstützt werden, der von uns gelieferte aber nicht. Das vorgebrachte Argument der Lieferung aus einer Hand greift damit nicht mehr.“
Pharmatechnik-Chef Dr. Detlef Graessner zeigt sich erfreut über das Urteil. „Das Gericht hat bestätigt, dass wir nicht gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen“, so Graessner. Die Entscheidung sei wichtig für den Markt und werde auch Auswirkungen auf die geplante Cloud-Lösung haben.
Der Rechtsweg ist mit Ende des Berufungsverfahrens erschöpft. Nach Angaben von Brüggemann sind nun rund 50 Apotheken akut von der Entscheidung betroffen. „Den Kunden werden wir jetzt sagen müssen, dass es erst einmal so ist und sie jetzt mittel- bis langfristig gezwungen sind, Pharmetchnik-Konnektoren zu kaufen“, sagt er. Das Problem: Jene Kunden dürften schon die Erstattung für das Red-Medical-Angebot erhalten haben und müssten die neuen Konnektoren nun wohl aus eigener Tasche bezahlen. „Erstattung gibt es nur einmal, eine zweite sieht der Gesetzgeber nicht vor“, so Brüggemann. „Wir sind der Meinung, das ist ein schlechter Tag für die Apotheken. Wir werden aber weiter für die Apotheker kämpfen und versuchen, das Problem auf politischer Ebene zu lösen.“ Er wolle nun an die Gematik herantreten, die ja die Interoperabilität der Systeme vorschreibt. „Da muss man jetzt fragen, wie sie ihren Sicherstellungsauftrag versteht.“ Dahingehend kommt die Verschiebung der E-Rezept-Einführung Red Medical zugute: Sie gibt dem Unternehmen eine Galgenfrist, das Problem anderweitig für sich und seine Kunden zu klären.
APOTHEKE ADHOC Debatte