Für Gesund.de ist das E-Rezept existenziell. Und die Betreiber sind nach einer Umfrage in der Branche zuversichtlich, dass im kommenden Jahr der Durchbruch gelingt. „Die aktuellen Befragungsergebnisse lassen erwarten, dass mit 79 Millionen Verordnungen das E-Rezept im nächsten Jahr auch in der Fläche ankommt“, so Dr. Peter Schreiner, Vorsitzender der Geschäftsführung von Gesund.de.
Um einen Eindruck vom Status quo zu bekommen, hat Gesund.de Anfang September Ärzt:innen und Apotheker:innen, Krankenkassen, Experten einer Hochschule sowie WaWi- und PVS-Hersteller befragt. Eingebunden war auch der „Apothekerkreis“ – mit Gesund.de besonders eng verbundene Apotheken, 46 Praxen in der E-Rezept-Pilotregion Westfalen-Lippe wurden telefonisch interviewt. Das Fazit: „Der E-Rezept-Anteil könnte höher werden, als aktuell viele erwarten.“
Konkret erwarten die Expert:innen erwarten, dass 13 Prozent aller Rezepte in 2023 als E-Rezepte ausgestellt werden. Dies entspräche einer Zahl von 79 Millionen E-Rezepten. Damit würde zwar das Muster-16-Rezept auch im kommenden Jahr noch dominieren, der E-Rezept-Anteil wäre aber immerhin zweistellig. Die befragten Apotheker:innen bewerten dabei die E-Rezept-Quote mit 10 Prozent etwas niedriger als die übrigen Expert:innen.
Wie in andren Umfragen zum Thema gehen auch die von Gesund.de befragten Expert:innen davon aus, dass zunächst noch der ausgedruckte Token dominieren wird und das E-Rezept in 70 Prozent der Fälle in Papierform die Praxis verlässt. Die eGK als Übertragungsweg käme demnach immerhin auf einen Anteil von 14 Prozent, während die Gematik-App weiterhin ihr Schattendasein fristen würde (11 Prozent). Knapp 5 Prozent wurde von den Expert:innen auf andere Einlösewege für Nischenanwendungen wie KIM angegeben.
Die Befragung der Arztpraxen in Westfalen-Lippe – ausschließlich Allgemeinmediziner – hat ergeben, dass 9 Prozent das E-Rezept schon im Einsatz haben und 72 Prozent es bis zum Jahresende einzuführen wollen.
Die Ergebnisse seien eine Momentaufnahme zur Beschreibung der aktuellen Situation aus verschiedenen Blickwinkeln, Gesund.de erhebt keinen Anspruch auf statistische Repräsentativität.
Dennoch stimmen die Zahlen Schreiner und sein Team zuversichtlich. „Die Befragung der Arztpraxen zeigt, dass sich aktuell viele mit der Einführung des E-Rezepts in den nächsten drei bis vier Monaten konkret beschäftigen.“ Der Gesund.de-Chef verweist auch auf die ersten Ergebnisse aus der Begleitstudie zum Förderprogramm der E-Rezept-Enthusiasten.
Der Gesellschafterbeschluss der Gematik sieht vor, dass in Westfalen-Lippe 25 Prozent der Verordnungen erfolgreich als E-Rezept ausgestellt werden, bis der Roll-out auf die nächsten KV-Bezirke ausgeweitet wird. Abda-Präsidentin Gabriele Overwiening sagte im Video-Interview bei der VISION.A, dass sie nicht allzu bald dem Erreichen dieser Schwelle rechnet: „Ich würde eher sagen, dass das, wenn das in diesem Tempo vorangeht, dass wir ein Jahr brauchen, bis wir diese erste Phase überhaupt geschafft haben.“
Gerade weil viele Expert:innen aus der Branche vor allem das ausgedruckte E-Rezept zum Start vorne sehen, sieht Schreiner für Gesund.de eine gute Chance: „Die Ergebnisse bestätigen uns in unserem Weg, eine einfache Lösung für die Patient:innen anzubieten, mit der sie ausgedruckte E-Rezepte einfach und sicher über die Gesund.de App an die Apotheke ihrer Wahl übermitteln können.“
Die Abda setzt sich dafür ein, dass E-Rezepte nicht über Plattformen übermittelt werden sollen – und ist dafür sogar bereit, die eigene Gedisa in ihren Möglichkeiten zu beschneiden. Hier steht noch eine Klarstellung des Gesetzgebers aus. In einem Gesetzentwurf ist die Schaffung eines neuen § 361a im Sozialgesetzbuch V (SGB V) vorgesehen. Darin werden die Anbieter genannt, die die Schnittstelle der Gematik nutzen können sollen: DiGA-Anbieter, Krankenkassen, Apotheken, Ärzt:innen und Krankenhäuser. Die Plattformen sind hier als externe Dritte nicht aufgeführt.
Bei Gesund.de verweist man aber auf die Begründung des Kabinettsentwurfs. Darin heißt es: „Im Zusammenhang mit der elektronischen Verordnung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln sollen Patientinnen und Patienten die Möglichkeit bekommen, von Mehrwertangeboten vertrauenswürdiger Anbieter unter Wahrung von Datenschutz und Datensicherheit zu profitieren. Die Datenhoheit der Patientinnen und Patienten wird gewahrt. Auf diese Weise kann die Nutzerfreundlichkeit der elektronischen Verordnung weiter verbessert und das Innovationspotential von Anbietern nutzbar gemacht werden.“ Schreiner dazu: „Dieser nutzenzentrierten Argumentation schließen wir uns an und begleiten den aktuellen Gesetzgebungsprozess.“
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