Die Gematik und der Deutsche Apothekerverband (DAV) hören sich derzeit bei den Apotheken um, was sie von den Anwendungen in der Telematikinfrastruktur (TI) halten. Das Problem ist nur: Die allermeisten Apotheken nutzen die TI momentan höchstens, um digitale Impfzertifikate auszustellen. „Das war Zeitverschwendung“, kritisiert eine Apothekerin aus Sachsen, die bereits teilgenommen hat. Wie die Fragen zustande kamen, weiß anscheinend auch das Institut nicht, das die Erhebung durchführt.
5000 Apotheken, immerhin mehr als jede vierte in Deutschland, haben in den vergangenen Tagen Post aus Berlin bekommen: Gematik und DAV möchten sie zu einer Online-Befragung „über Ihre konkreten Einschätzungen und Erfahrungen mit der TI sowie deren Anwendungen und Diensten im Apothekenalltag einladen“, ist da zu lesen. „Dabei ist es unerheblich, ob Sie bereits an die TI angebunden sind und in welchem Umfang Sie mit den Anwendungen vertraut sind.“ Die Befragung dauere weniger als 15 Minuten. Ausgewählt wurden die Apotheken nach dem Zufallsprinzip aus dem Adressbestand der ArztData AG.
Gematik und DAV fragen dabei so ziemlich alles rund um die TI ab, vom Hersteller des Konnektors, den die Apotheke benutzt, über die elektronische Patientenakte und den elektronischen Medikationsplan, den Kommunikationsdienst KIM und dergleichen weiter. Zu vielen dieser Fragen könne eine normale Apotheke aber überhaupt noch nichts sagen, kritisiert eine Inhaberin, die teilgenommen hat, aber anonym bleiben will. „Ich musste bei mindestens der Hälfte der Fragen mit ‚keine Angaben‘ antworten, weil ich noch gar nicht wissen kann, was die wissen wollten“, sagt sie. So sei gefragt worden, ob sie bereits Probleme bei Anwendungen in der TI hatte und falls ja, wie und wie schnell die behoben wurden.
Ihre eigene Apotheke sei bereits seit Monaten an die TI angeschlossen, aber weder hat sie bisher E-Rezepte empfangen noch andere Anwendungen genutzt – wie auch, schließlich läuft der E-Rezept-Test bisher nur in äußerst überschaubarem Rahmen in der Fokusregion Berlin/Brandenburg. Auch nach den Kartenlesegeräten sei sie gefragt worden – ob sie gut funktionieren, ob ihre Zahl für den Betrieb im Apothekenalltag ausreichend ist und dergleichen. „Woher soll ich das denn wissen? Das kann ich beantworten, wenn ich das ein halbes Jahr benutzt habe, aber doch jetzt noch nicht.“
Frustriert habe sie versucht, sich an die Gematik zu wenden, „aber am Telefon wussten die gar nicht, was ich von ihnen will“. Sie sei dann aufgefordert worden, ihr Anliegen über das allgemeine Kontaktformular auf der Gematik-Website zukommen zu lassen. Also habe sie beim BQS Institut angerufen „und wollte wissen, wer sich diese Fragen ausgedacht hat“. Die seien so von der Gematik gekommen, habe man ihr mitgeteilt. „Gematik und DAV müssten doch eigentlich selbst am besten wissen, dass noch keine Apotheke mit E-Rezepten und anderen TI-Anwendungen arbeitet!“
Und selbst wenn Fragen nicht verfrüht gestellt worden seien, habe sie mangels eigener Informationen oft nicht korrekt antworten können. So wurde nach den elektronischen Heilberufsausweisen (HBA) gefragt: „Sie wollten wissen, ob in meiner Apotheke alle Berechtigten schon einen HBA haben. Ich habe aber auch Pharmazieingenieure angestellt, da ist das meines Wissens nach noch gar nicht geklärt.“ Bei anderen Fragen habe sie komplett im Dunkeln getappt: „Ich wurde auch nach KIM gefragt, da habe ich ins Freifeld geschrieben: ‚Was ist das?‘“ Zu dem Kommunikationssystem, das künftig das zentrale im gesamten Gesundheitswesen werden soll, habe sie noch keinerlei offizielle Informationen erhalten. Auch von einigen anderen abgefragten Begriffen habe sie bisher noch nie gehört.
Entsprechend fällt ihr Fazit aus: „Das war Zeitverschwendung. Statt 15 Minuten saß ich knapp eine Stunde an der Umfrage und die Fragen waren größtenteils unpassend. Ich habe dann ins Freifeld geschrieben, dass die Befragung sinnlos ist.“ Und immerhin hat sie die Chance genutzt, auch etwas grundlegendere Kritik loszuwerden: „Ich habe dann noch die Frage reingeschrieben, warum denn Shop Apotheke bei der E-Rezept-Erprobung dabei ist. Wenn es schon ein Versender sein muss, hätte man doch wenigstens einen deutschen nehmen können, an den dann auch eine echte Vor-Ort-Apotheke angeschlossen ist.“
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