Björn Kalweit, bisher Chief Operating Officer (COO) bei der Gematik, kündigte vergangene Woche an, die Gematik nach mehr als zehn Jahren zu verlassen. Dem Vernehmen nach wechselt er zum IT-Dienstleister Rise, der viele Aufträge der Gematik im Bereich der Telematikinfrastruktur (TI) ausführt und gerade eine Verlängerung erhalten hat.
„Wir können bestätigen, dass Herr Björn Kalweit das Unternehmen verlassen wird“, so die Gematik auf Nachfrage. Zu den zukünftigen beruflichen Plänen könnten keine weiteren Informationen gegeben werden. Bei Rise wiederum verweist man auf die Gematik.
Dass Kalweit nun von der Gematik, mehrheitlich im Besitz des Bundesgesundheitsministeriums (BMG), zu einem der wichtigsten Auftragnehmer wechselt, ist aus fachlicher Perspektive ein naheliegender Schritt, hat aber wie immer bei politisch-wirtschaftlichen Verstrickungen einen Beigeschmack. Denn Rise betreut für die Gematik den zentralen Identity Provider (IDP) sowie den Federation Master und hat dem Vernehmen nach gerade erst eine Verlängerung des Auftrags erhalten.
„Wir möchten an dieser Stelle betonen, dass alle Verträge und Aufträge der Gematik unter strikter Einhaltung der gesetzlichen und internen Vorgaben abgeschlossen und umgesetzt werden. Darüber hinaus ist Herr Kalweit seit Bekanntwerden des Austritts von Aufgaben entbunden worden, welche potenzielle Interessenkonflikte auslösen können“, äußert sich die Gematik zu den Umständen auf Nachfrage.
Vor zwei Jahren hatte ein anderer Wechsel für Schlagzeilen gesorgt: Gottfried Ludewig, zuvor im BMG für Digitalisierung und Innovation zuständig, wechselte zu Telekom Healthcare Solutions und übernahm die Leitung der Gesundheitssparte. In dieser Funktion empfing er vor einigen Wochen Gesundheitsminister Karl Lauterbach auf der Fachmesse DMEA und präsentierte ihm die Produkte des Konzerns.
Rise wurde vor mehr als 20 Jahren in Wien gegründet und ist den eigenen Angaben zufolge in den Bereichen Gesundheit, Mobilität, Finanzwesen, Retail, Verwaltung, Fertigung, Industrie und IT-Sicherheit unterwegs. Seit 2006 sei man führend im Aufbau der TI involviert und habe zahlreiche Komponenten und Services zur Zulassung gebracht. Derzeit gehe es hierbei unter anderem um den Rise-Konnektor, den Aufbau der Patientenakten (ePA) im Auftrag für mehr als 80 gesetzliche und private Kassen, einen KIM-Service, den zentralen IDP der TI zur Zugriffsregelung auf die Fachdienste wie das E-Rezept sowie mehrere einzelne IDP der Kassen.
Kalweit selbst meldete sich auf LinkedIn zu Wort; er habe entschieden, „einen neuen Blickwinkel auf die Gesundheits-IT einzunehmen und die Gematik zu verlassen“. Hier habe man „2017 gemeinsam die TI deutschlandweit zum Leben erweckt und mit den ersten Anwendungen wie KIM, ePA 1.0 und E-Rezept erste Mehrwerte für die Versorgung erreicht“. Die „ePA für alle“ sei nun der „nächste riesige Schritt“.
Neben einem Danke ans Team und an die Gematik nennt er auch seine Nachfolgerin für den nun frei werdenden Posten der COO: Juliane Meyer, bisher Projektmanagerin, wird ihn zum 1. Oktober „beerben“. Sie war bis zur MyToys-Insolvenz im vergangenen Jahr beim Spielzeughändler tätig und ist seit nun seit einem Jahr Product Group Director im Bereich Öffentlicher Gesundheitsdienst bei der Gematik.
Ganz besonders bedankt sich Kalweit nach seiner Zeit bei der Gematik unter anderem beim ehemaligen Gematik-Chef Dr. Markus Leyck Dieken. Der frühere Ratiopharm-CEO war von Mitte 2019 bis Ende 2023 Geschäftsführer der Gematik; ein entsprechender Aufhebungsvertrag wurde bereits im September unterschrieben. Bereits Ende April 2023 hatte „The Pioneer“ berichtet, dass Leyck Dieken seinen Posten abgeben müsse. Er sei einigen im Ministerium „zu selbstbewusst und eigenständig“ geworden und habe sich mit einigen Beamten dort überworfen, hieß es damals in dem Bericht. Stattdessen Haber er an der Fachabteilung vorbei direkt mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kommuniziert.
Neben Dieken bedankt sich auch Dr. Susanne Ozegowski, Abteilungsleiterin Digitalisierung & Innovation im BMG, bei Kalweit im Gegenzug für seinen Einsatz. „Vielen Dank für den super Job, den Sie über die letzten Jahre bei der Gematik gemacht haben. Wir werden Sie vermissen!“
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