Das E-Rezept ist nach wie vor nicht so digital, wie es sich viele erhofft hatten. Am häufigsten wird es physisch in den Vor-Ort-Apotheken eingelöst, mittels physischer Gesundheitskarte und der Hardware-Komponente Kartenlesegerät. Das „Handelsblatt“ konstatiert der eigentlich sinnvollsten Einlösemethode, der Gematik-E-Rezept-App, aufgrund der geringen Praxistauglichkeit daher ein „Digitalisierungselend“.
Mit der offiziellen E-Rezept-App können Versicherte ihre E-Rezepte einsehen und auch direkt an jede Apotheke ihrer Wahl weiterleiten. Apotheken berichten jedoch nur von wenigen Kund:innen, die ihre Arzneimittel so holen – in diesen Fällen funktioniert aber immerhin zumeist alles tadellos. Doch die umständliche Einrichtung der App schreckt einfach zu viele Nutzer:innen ab. „Die App E-Rezept soll die digitale Wende im Gesundheitswesen einleiten, 13 Entwickler arbeiteten fast drei Jahre daran“ – das Ergebnis sei jedoch niederschmetternd, so das Handelsblatt.
Aus staatlicher Hand flossen eine halbe Million Euro in die App-Entwicklung, der Aufwand habe sich „kaum gelohnt“, heißt es. Es gehe chaotisch zu im deutschen Gesundheitssystem. Die verschiedenen Anwendungen für das E-Rezept, verschlüsselte E-Mails (KIM) oder elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) seien nach Meinung vieler Branchenvertreter schwer zu bedienen. Die hohen Sicherheitsanforderungen verkomplizierten alles. Hohe Sicherheitsanforderungen und ungenaue Erklärungen führten zur Nicht-Nutzung, so das Wirtschaftsmagazin.
Das Thema mag für die Branche auf der Hand liegen, das Handelsblatt verweist aber zusätzlich auf die bald kommende elektronische Patientenakte (ePA). Für Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eines der wichtigsten Projekte bei seiner digitalen „Aufholjagd“, wie er selbst immer wieder nennt. Bedenke man, dass es für die Anwendungen für die ePA ähnlich schwierige Sicherheitshürden gibt und geben wird, sei das vom Gesundheitsministerium (BMG) angepeilte Ziel von 80 Prozent der Bevölkerung, die die ePA nutzen, schwer erreichbar. „Bereits der Zugriff auf die App wird so zur Herausforderung.“
Denn sowohl für den Zugriff auf die E-Rezept-App der Gematik als auch für die Apps der Krankenkassen braucht es eine digitalen Identitätsnachweis, wie den Personalausweis mit PIN oder die elektronische Gesundheitskarte (eGK) mit PIN. Die beiden digitale Identitätsnachweise werden in Deutschland aber kaum genutzt. Also bleibt das physische Erscheinen bei der Krankenkasse zum Beweis.
„Die Ausgabe per Post wurde wegen Lücken im Bundeshaushalt wieder eingestellt“, weiß Mark Langguth dem Handelsblatt zu berichten. Er war jahrelang bei der Gematik tätig und kennt die Schwachstellen der aktuellen Digitalisierungsprojekte. Bis vor Kurzem sei die Personalausweis-PIN ohne großen Aufwand zu bekommen gewesen. „Jetzt müssen Sie sie online beantragen und dann im Bürgerbüro abholen“, so Langguth. Digital und einfach ist anders.
Einfacher sei ein zumindest halb-digitaler Einlöseweg bei den Versandapotheken möglich, merkt das Handelsblatt an – via CardLink. Hier kommt auch Abda-Präsidentin Gabriele Regina Overwieing zu Wort: „Warum steckten BMG und Krankenkassen große Summen an Versichertengeldern in die Entwicklung einer staatlichen Smartphone-App für E-Rezepte und schwächten diese dann selbst?“, wird sie im Artikel zitiert. CardLink verschaffe den Versendern einen Vorteil, da sie eigene Apps haben; eine Integration von CardLink in die Gematik-App ist hingegen nicht vorgesehen.
Zudem gilt CardLink weiterhin als Übergangslösung, Kassen-Apps sind womöglich die Zukunft. „Das könnte die Gematik-App dann überflüssig machen“, konstatiert auch das Handelsblatt und lässt Leser:innen mit der Frage zurück: Wozu dann das Ganze? Nur damit die Gematik-App irgendwann doch noch von den Kassen-Apps abgelöst werden kann.
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