E-Rezepte sollen künftig auch ohne die App der Gematik in Apotheken eingelöst werden können: Noch vor der für Mitte 2021 geplanten Einführung des E-Rezepts plant Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eine Erweiterung der elektronischen Zugänge zu Arzneimittelverordnungen. So sollen Patienten ihre Verordnungen via elektronischer Gesundheitskarte oder mit einer noch zu schaffenden digitalen Identität einlösen können. Das geht aus dem Referentenentwurf des Digitale Versorgung- und Pflege-Modernisierungs-Gesetzes (DVPMG) hervor. Durchschläge von BtM-Rezepten sollen künftig automatisch elektronisch ans BfArM übermittelt werden.
„Die Gesellschaft für Telematik soll hiernach die Voraussetzungen dafür schaffen, dass es zukünftig auch nur mit der elektronischen Gesundheitskarte oder der adäquaten digitalen Identität möglich sein wird, auf elektronische Verordnungen in der Apotheke zuzugreifen. Dies führt zu einem erhöhten Komfort, falls Versicherte sehr viele Verordnungen einlösen müssen oder der 2D-Code der Verordnung nicht lesbar ist“, heißt es im Gesetzentwurf. Damit wird es demnächst neben der E-Rezept-App der Gematik weitere Optionen zur Einlösung von elektronischen Verordnungen geben.
Die elektronische Gesundheitskarte erhält jeder Versicherte von seiner Krankenkasse. Zudem soll jeder Bürger in fernerer Zukunft eine sogenannte digitale Identität für alle Behördenangelegenheiten erhalten. Mit den neuen Alternativen zur E-Rezept-App der Gematik wird auch der Sorge der Abda vor Möglichkeiten des Makelns von E-Rezepten entgegengewirkt. Die App wäre dann nur noch für Arzneimittelbestellungen via Versandhandel oder anderen Handelsplattformen erforderlich.
Verschärft wird das Makelverbot: „Vertragsärzte dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall ein anderes Vorgehen geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen noch übermitteln. Vertragsärzte dürfen mit Herstellern digitaler Gesundheitsanwendungen oder anderen natürlichen oder juristischen Personen, die sich mit der Behandlung von Krankheiten befassen, keine Rechtsgeschäfte vornehmen oder Absprachen treffen, die eine Zuweisung oder eine Übermittlung von Verordnungen zum Gegenstand haben, soweit gesetzlich nicht eine Zusammenarbeit vorgesehen oder aus medizinischen Gründen ein anderes Vorgehen geboten ist.“
Für den Bereich der häuslichen Krankenpflege, außerklinischen Intensivpflege, der Soziotherapie, der Heil- und Hilfsmittel, der Betäubungsmittel und weiterer verschreibungspflichtiger Arzneimittel werden elektronische Verordnungen eingeführt beziehungsweise ergänzende Regelungen getroffen, so der Entwurf. Zur Sicherstellung einer flächendeckenden Nutzbarkeit dieser elektronischen Verordnungen werden weitere Leistungserbringergruppen sukzessive zum Anschluss an die Telematikinfrastruktur (TI) verpflichtet. Jeder Versicherte erhält die Möglichkeit, Dispensierinformationen eingelöster Arzneimittelverordnungen komfortabel in seiner elektronischen Patientenakte einzustellen und diese als Arzneimittelhistorie zu nutzen.
Änderungen plant Spahn im DVPMG auch für weitere Rezeptarten: So wird die Rezepteinlösung in Apotheken im europäischen Ausland wird ermöglicht. Dazu müssen Apotheken aus EU-Mitgliedstaaten einmal jährlich zum 1. Januar gegenüber der Gematik eine Bestätigung darüber vorlegen, „dass sie weiterhin dem Rahmenvertrag nach § 129 Absatz 2 beigetreten sind“, so der Gesetzentwurf. Bislang reicht dafür die Länderliste aus.
Neuregelungen im Betäubungsmittelgesetz (BtMG) schaffen die Ermächtigungsgrundlage dafür, in der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtMVV) Regelungen für die elektronische Verschreibung von Betäubungsmitteln zu treffen, heißt es im Gesetzentwurf. Durch die Änderungen des Arzneimittelgesetzes (AMG) und der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) werden auch die Voraussetzungen geschaffen, dass Verschreibungen über Arzneimittel mit den teratogen wirkenden Wirkstoffen Lenalidomid, Pomalidomid oder Thalidomid künftig auch in elektronischer Form auf Sonderrezepten erfolgen können.
„Apotheken übermitteln dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wöchentlich die Durchschriften der Verschreibungen. Bei elektronischer Verschreibung von Arzneimitteln soll künftig der Fachdienst der TI die unmittelbare elektronische Übermittlung der Verschreibung, bereinigt um Patientendaten, nach Abgabe der Arzneimittel in der Apotheke an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte sicherstellen“, so der Gesetzentwurf weiter.
„Die im Hinblick auf Arzneimittel mit den Wirkstoffen Lenalidomid, Pomalidomid oder Thalidomid vorgesehenen Änderungen der Arzneimittelverschreibungsverordnung verminderten den Arbeitsaufwand von verschreibenden Personen (erleichterter Bezug der Rezeptformulare) und der Apotheken (u.a. verminderter Aufwand für Versendung des Rezeptdoppels an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte)“, lautet die Begründung.
Dies habe zum Ziel, dass die Handhabung elektronischer Verfahren den bürokratischen Aufwand zur Anforderung und Ausfertigung von Betäubungsmittelverschreibungen und für die Nachweisführung des Betäubungsmittelbestandes verringere. „Die Apotheke wird diese Aufgabe zukünftig im Falle von Verschreibungen mittels elektronischer T-Rezepte nicht mehr übernehmen müssen. Vielmehr erstellt der Fachdienst der Telematikinfrastruktur eine Kopie des elektronischen T-Rezeptes nach Entfernen der Patientendaten und übermittelt diese Kopie automatisch und unmittelbar nach Dispensierung des Arzneimittels an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“, so der Gesetzentwurf.
Außerdem wird die Abda verpflichtet, die Daten aller Apotheken an die Gematik zu liefern: „Mit der Regelung wird die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker, die das bundeseinheitliche Verzeichnis über die Apotheken führt, verpflichtet, das Verzeichnis auch der Gesellschaft für Telematik zur Verfügung zu stellen und ihr Änderungen des Verzeichnisses mitzuteilen.“ Die Gematik darf die Daten nur für die Herausgabe von Komponenten zur Authentifizierung von Leistungserbringerorganisationen (SMC-B) einsetzen.
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