Ab 15. Januar bekommen die Versicherten nach und nach eine elektronische Patientenakte (ePA), am Starttermin in den Modellregionen ändere sich nichts, betont das Bundesgesundheitsministerium (BMG). Wie viel man damit anfangen kann, steht allerdings in den Sternen. Denn die Anbieter von Praxisverwaltungssystemen (PVS) drängen auf Verlängerung des Übergangszeitraums.
„Stimmt so nicht“, kommentierte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) einen Bericht des „Spiegel“ via X. „Wie geplant werden ab 15. Januar ePA durch die Kassen eingeführt.“ Innerhalb eines Monats bekomme jeder seine ePA: „Dort kann man die Medikamente und die bisherigen Kassendaten einsehen und alte Befunde hochladen. Hochladen neuer Befunde ab März.“
Tatsächlich wird nicht der Start der ePA verschoben, vielmehr ist unklar, wann tatsächlich, wie BMG-Abteilungsleiterin Dr. Suanne Ozegowski es formulierte, mit der „produktiven Nutzung und Testung“ der ePA durch die Leistungserbringer begonnen wird. Sprich: Wann die ePA in Arztpraxen und Apotheken letztlich auch genutzt werden kann.
Was noch vergleichsweise einfach funktioniert und auch der erste Anwendungsfall sein wird, ist das Auslesen der Medikationsliste. Denn diese wird automatisch aus dem E-Rezept-Fachdienst mit Daten gespeist, sodass zumindest theoretisch zeitnah damit gearbeitet werden könnte.
Dazu müssen allerdings die PVS auch entsprechend funktionieren. Auch wenn eine ganze Reihe von Anbietern mit der Programmierung bereits weit fortgeschritten sind, ist die Sorge groß, es nicht rechtzeitig zu schaffen. Denn im Digitalgesetz ist die Durchführung eines Konformitätsbewertungsverfahrens (KOB) vorgesehen. Hier sind insbesondere die Interoperabilitätsanforderungen zu prüfen; das Zertifikat gilt laut Gesetz für maximal drei Jahre.
Das Problem: In diesem Zusammenhang sind „Verbindlichkeitsmechanismen“ – sprich: Sanktionen – vorgesehen: „Wer als Hersteller oder Anbieter eines informationstechnischen Systems, das im Gesundheitswesen zur Verarbeitung von personenbezogenen Gesundheitsdaten angewendet werden soll, gegen die Pflichten [...] verstößt, kann auf Unterlassen des Inverkehrbringens in Anspruch genommen werden.“
Genau diese Angst der Softwarehäuser, von Wettbewerbern abgemahnt zu werden, hat dazu geführt, dass das BMG jetzt ein „weiterhin für alle Hersteller verpflichtendes, aber vereinfachtes KOB“ einführen will. Auch für den Einsatz außerhalb der Modellregionen genüge zunächst wegen des noch nicht verpflichtenden Rollouts diese abgespeckte Version.
Aber: „Bevor der bundesweite Rollout des ePA-Moduls stattfindet, müssen die Systeme vollständig KOB-bestätigt sein“, so Ozegowski weiter. Denn die Leistungserbringer hätten verständlicherweise eine „hohe Erwartung an die Aussagekraft eines Zertifikates“. Daher werde das Zertifikat eines vereinfachten KOB zeitlich befristet – und sei für den Rollout nicht ausreichend.
Ursprünglich sollte die Pilotphase in den beiden Modellregionen Franken und Hamburg nur vier Wochen dauern. Aber dieser Zeitplan wird wohl kaum zu halten sein. „Die Dauer der Befristung wird zeitlich angemessen festgelegt, damit sowohl die Erfahrungen aus den Modellregionen einfließen können als auch den Herstellern ausreichend Zeit eingeräumt wird, ein zeitlich unbefristetes Zertifikat zu erlangen.“ Und weiter: „Der bundesweite Rollout, zusammen mit der Nutzungsverpflichtung der Leistungserbringer, schließt sich erst dann an, wenn die Erfahrungen in den Modellregionen positiv sind.“
Rund 100 Leistungserbringer werden also den Anfang in den beiden Modellregionen machen, sie erhalten dafür eine Aufwandsentschädigung. Wann sich tatsächlich jeder Versicherte mit seinem Arzt in seine Akte vertiefen kann, ist offen.
Eine Möglichkeit gibt es aber auch für Leistungserbringer, deren Softwareanbieter zum Jahresbeginn noch nicht fertig ist. Das Start-up Service Health eRx bietet eine kostenlose und eigenständige Software, mit der man nach Installation sofort Zugang zur ePA hat. „Im Grunde braucht man für unsere Lösung – genauso wie jedes PVS – einen Konnektor und eine SMC-B“, erklärt Firmengründer Manuel Blechschmidt. Zielgruppe seien Leistungserbringer ohne festes Softwaresystem, aber natürlich stehe die Lösung jedem interessierten Leistungserbringer offen. „Aus unserer Sicht gibt es keinen Grund, am Startdatum der ePA zu rütteln.“