Kongress Gesundheit_digital

ePA: Debatte um Haftung und Incentives für Ärzt:innen

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Berlin -

Die elektronische Patientenakte (ePA) und das E-Rezept werden die neue Basis für die Arzneimittelversorgung sein. Bei der Veranstaltung „Gesundheit_digital“ des health innovation hub (hih) ging es heute um die Frage, wer eigentlich welchen Nutzen aus den neuen Anwendungen zieht.

Das hih berät das Bundesgesundheitsministerium (BMG) zur Digitalisierung des Gesundheitswesens – bis zum Beginn der Corona-Pandemie das Schwerpunktthema im Ressort von Jens Spahn (CDU). Christian Klose verantwortet als Unterabteilungsleiter im BMG das Thema E-Health. Und er wies beim Kongress den öfter zu hörenden Vorwurf zurück, das Ministerium arbeite zu planlos und ohne richtige Digitalisierungsstrategie: „Natürlich haben wir eine Strategie, die hat drei Buchstaben: T-U-N, wir tun die Dinge“, sagte er beim ePA-Panel.

TK-Chef Dr. Jens Baas zufolge gibt es allein bei seiner Kasse täglich 400 Neueinschreibungen in die ePA, insgesamt liege man bei 200.000. Die Akzeptanz sei also da, auf der anderen Seite ist bei mehr als 10 Millionen TK-Versicherten noch ein weiter Weg zu gehen. Derzeit profitierten vor allem die Patient:innen von der Datensammlung an einem Ort. „Die Ärzte profitieren ehrlicherweise noch nicht so stark. Das kommt erst mit der Vernetzung. Wenn der Arzt Daten hat, die er vorher nicht hatte“, so Baas.

Ob die Versicherten künftig mehr Gebrauch von der ePA machen werden, wird auch von der Rolle der Ärzt:innen abhängen. Für Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), ist klar: „Der medizinische Nutz- und Mehrwert muss da sein, bei den Patienten und behandelnden Ärzten.“ Vor allem Chroniker und Patient:innen mit komplizierten Erkrankungen könnten profitieren, von der Auswertung der Daten, bei der Zusammenarbeit der Behandler. Für die Praxen bedeute es aber einen größeren Aufwand, diese Daten zu übertragen. Deshalb sollte es aus Reinhardts Sicht auch Incentives für die Ärzt:innen geben, diese Arbeit zu übernehmen und so die Bedeutung der ePA zu erhöhen.

Dr. Ralph Körfgen von CompuGroup Medical (CGM) wies allerdings darauf hin, dass die Digitalisierung in den Praxen nicht immer einfach sei. „Etwa 20 Prozent machen aktiv mit“, schildert eher aus der Erfahrung des Marktführers im Bereich der Arzt-Software.

TK-Chef Baas brachte noch die wichtige Frage der Haftung ins Spiel: Wenn alle Daten der Patient:innen in der ePA zusammengefasst und also verfügbar sind, müssten die Ärzt:innen dann auch alles lesen? „Deswegen benötigen wir strukturierte Daten“, so der TK-Chef. Der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) könnte bei den Zusammenfassungen hilfreich sein. Zentrale Informationen wie Allergien oder der Notfalldatensatz sollten auf einer Übersichtsseite verfügbar ein. Und die müssten die Ärzt:innen dann schon lesen, so Baas.

Klose sieht eine absolute Notwendigkeit für die Digitalisierung des Gesundheitswesens. Es gebe perspektivisch immer weniger Leistungserbringer:innen, aber immer mehr Patient:innen. Eine Steigerung der Effizienz und die Nutzung der Daten für die Forschung seien da unerlässlich. „Die ePA muss zur Datendrehscheibe werden“, so Klose. Das Ganze sei ein laufender Prozess: „Wir werden mit der Gesetzgebung nie fertig sein, genauso wie wir mit der Technik nie fertig sein werden“, so der Vertreter des BMG. Die digitale Transformation stehe jetzt am Anfang, „wir haben noch viel Anstrengung vor uns“.

Markus Leyck Dieken, Chef der Gematik, findet diese Entwicklung im internationalen Vergleich längst überfällig. Viele Menschen in anderen Ländern erlebten Dinge, von denen Menschen in Deutschland nur träumen könnten. Er beschrieb auch, wie sich die Arbeit der Gematik verändert hat: Früher habe man 18 Monate an einem Lastenheft geschrieben, das dann quasi „der Industrie über den Zaun geworfen“ wurde mit der Vorgabe, das umzusetzen. Heute sei das Vorgeben viel offener, mit iterativen Prozessen und Open Codes, so dass Neuerungen mit den Herstellern zusammen entwickelt würden. Die ersten E-Rezept-Versuche etwa seien mit 400 Personen getestet worden. Über das E-Rezept tauschten sich später beim Kongress „Gesund_digital“ Abda-Präsidentin Gabriele Overwiening und Zur Rose CEO Walter Oberhänsli aus.

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