Apotheker und IT-Experte warnen

ePA: 3-Tage-Zugriff für Apotheken problematisch

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Berlin -

Ab dem 15. Januar 2025 soll es so weit sein: Die elektronische Patientenakte (ePA) kommt als „ePA für alle“ und als Teil der Regelversorgung. Die „ePA für alle“ wird dann für alle Patient:innen als Opt-Out-Version angelegt, bisher mussten Patient:innen die ePA selbst bei ihrer Krankenkasse beantragen. Das Vorhaben ist also auf der Zielgeraden, genauso wie der geplante Anschluss der Pflegeeinrichtungen an die Telematikinfrastruktur (TI). Doch viele Fragen sind noch ungeklärt, genauso wie zunächst beim E-Rezept. Doch die Themen müssten jetzt auf den Tisch, finden sowohl Apotheker Norbert Peter als auch IT-Experte Mark Langguth. Müssen Apotheken beispielsweise künftig tatsächlich bei nahezu jedem OTC-Kauf nach der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) fragen?

Peter betreibt die unter anderem heimversorgende Burger Apotheke in Berlin. Er stört sich an aktuellen Regelungen zum E-Rezept – oder eben an dem, was offenbar nicht bedacht wurde. Wie beim E-Rezept tauchen auch bei der ePA schon jetzt beispielsweise Hürden bei der Heimversorgung auf. Dass sich bei der ePA dringend noch etwas tun muss, sieht auch IT-Experte Mark Langguth so. Er ist heute ein auf die Digitalisierung des Gesundheitswesens spezialisierter Unternehmensberater, der aber auch weiß, wo es hakt: Fast 13 Jahre arbeitete er bei der Gematik. Die Umsetzung der ePA liege ihm persönlich am Herzen – als Informatiker und als Chroniker.

Von einer optimalen Umsetzung der ePA sei man noch „ein gutes Stück weit entfernt“, meint Langguth. „Bei der gesamten TI gibt es noch eine riesige Lücke im Pflegebereich.“ Bereits beim E-Rezept wäre die Heimbelieferung nicht ordentlich bedacht worden. „Dieses Problem haben wir im Prinzip auch bei der ePA.“ Für die Apotheken sei hier vor allem die Funktion des Medikationsplans relevant.

Erst einmal klinge das Thema ePA toll und modern, wenn die oder der Versicherte künftig einfach sein Smartphone mit der Kassen-App in die Hand nehme, um ePA und damit auch seinen Medikationsplan für alle mögliche Akteure im Gesundheitswesen freizugeben – auch zeitlich unbegrenzt. Bei Heimbewohner:innen sei dieses moderne Handling jedoch nicht zu erwarten, gibt Langguth zu bedenken. Doch auch in diesen Fällen müsse die ePA ihren Zweck erfüllen und funktionieren, gerade bei multimorbiden Patient:innen sei ein vollständiger Medikationsplan essenziell, hier gelte aber die Begrenzung auf 90 Tage Zugriff mittels Stecken der eGK.

Frage nach eGK bei jedem OTC-Kauf?

Ein ähnliches Problem sieht Langguth bei der Freigabe für die Apotheken. Die bekommen noch drei Tage nach dem Stecken der elektronischen Gesundheitskarte Zugriff auf die ePA. „Es muss aber auf Wunsch des Versicherten auch vor Ort dauerhafter Zugriff gewährt werden können. Das fehlt schlicht im Gesetz. Das wird zu Problemen führen“, ist sich Langguth sicher. Denn: „Auch OTC können nur mit Zugriff in die ePA eingestellt werden.“

Da die Apotheken per Gesetz zur Aktualisierung des Medikationsplans verpflichtet wurden, würde das im Umkehrschluss für den Experten auch bedeuten, dass Apotheker:innen und PTA künftig bei nahezu jeder OTC-Abgabe um das Stecken der elektronischen Gesundheitskarte bitten müssten. „Theoretisch bedeutet diese Regelung eine Anfragepflicht beim Patienten“, so Langguth, der das für alles andere als praktikabel hält. Für die Apotheken ist das Handling aus aktueller Sicht also wenig praxistauglich.

Dass das Ganze vor dem Start noch konkretisiert und angepasst wird, sei für Langguth nahezu „unmöglich, da es dafür eine gesetzliche Änderung bräuchte“. Womöglich könnte man Detailfragen noch an ein anderes Gesetzesvorhaben „anhängen“, doch dann müsste es immer noch von der Gematik spezifiziert und dann von den Krankenkassen umgesetzt werden.

Unkonkrete Antworten aus dem BMG

Apotheker Norbert Peter fragte daher auch noch einmal nach beim Bundesgesundheitsministerium (BMG) nach, bekommt von Sebastian Zilch, Unterabteilungsleiter für Gematik, E-Health und Telematikinfrastruktur im BMG, aber nur eine Pauschalantwort. Peter forderte: „Die heimversorgenden Apotheken benötigen eine Schnittstelle und Zugriff auf die ePA, um die Medikationspläne zur patientenindividuellen Dosierung und Medikationsstellung in entsprechende Programme zur Reichweitenberechnung und Folienbedruckung der Einzelgabenbehältnisse drucken zu können.“

Außerdem sei laut Norbert notwendig, dass die Apotheken Zugriff auf ePA bekommen, um Änderungen am Medikationsplan vorzunehmen, „denn häufig werden pharmakologische Bedürfnisse nicht berücksichtigt“. Hier seien die Kompetenzen der Apotheker:innen gefragt – „zum Vorteil des multimorbiden Patienten“. Von Zilch gab es hierzu lediglich die Auskunft: „Die Apotheken sind bereits an die TI angebunden und die Pflege muss sich ab dem 1. Juli 2025 an die TI anbinden.“ Das war dem Apotheker natürlich klar, dennoch fehle bisher die Planung einer entsprechenden Schnittstelle, damit die verschiedenen Systeme in Heim und Apotheke miteinander kommunizieren könnten. Eine konkrete Antwort wäre daher wünschenswert.

Schnittstellen sind jedoch vorhanden, wirft Langguth hierzu ein: „Sowohl Apotheke als auch Heime haben Zugriff auf die ePA und damit den Medikationsplan (mit den benannten Einschränkungen)“. Doch Inhaber Peter geht es noch um etwas anderes: Ja, er könne die ePA dann einsehen und auch OTC eintragen, aber bei Rx-Arzneitmitteln seien ihm die Hände gebunden. Dabei sei die Kompetenz der Apotheker:innen gerade hier in Sachen Wechselwirkung gefragt. Und entsprechende Hinweise bei Veränderungen fehlen hier. Bei Ärzt:innen, die bei einigen Heimbewohner:innen wöchentlich die Dosis anpassen – wie es tatsächlich vorkommt – wäre es hier schwer, den Überblick zu behalten.

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