ADG vs Red Medical

E-Rezepte-Sperre – Apotheker schreibt an Lauterbach

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Berlin -

Seit Anfang der Woche können rund 40 Apotheken keine E-Rezepte mehr annehmen, weil die Warenwirtschaft von ADG keinen Zugriff auf den externen Konnektor von Red Medical erlaubt. Das Softwarehaus weist die Schuld von sich, wurde jedoch trotzdem von einem Kunden bei Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angeschwärzt.

Mit großem Engagement habe er sich mit seinen drei Apotheken seit 2020 auf die Einführung des E-Rezeptes vorbereitet, schreibt der Apotheker an Lauterbach. Mit dem System ADG S3000 und dem Konnektor von Red Medical habe er eine funktionierende TI-Umgebung geschaffen und bis Ende September auch schon mehrere E-Rezepte eingelöst und abgerechnet. „Als marketingaktiver und digitalaffiner Apotheker habe ich im Vorfeld viel in Aufklärung und Bewerbung des E-Rezeptes investiert.“

Doch seit Anfang Oktober müsse er Patient:innen mit E-Rezept wegschicken. Angesichts seiner Marktstellung dürfte das etwa die Hälfte aller ausgestellten E-Rezepte in der Stadt betreffen. Den Schuldigen hat der Inhaber klar ausgemacht: „Grund ist die willkürliche Abschaltung eines Bestandteils meiner Warenwirtschaft durch meinen Dienstleister ADG.“

Fehlermeldung: Lizenz fehlt

Tatsächlich erscheint in dieser Kombination ADG/Red Medical bei den Apotheken aktuell eine Fehlermeldung: „Die für die Nutzung der TI App notwendige Lizenz fehlt. Bitte wenden Sie sich an Ihren zuständigen ADG Systemberater.“ Auf Nachfrage beim Service lässt sich das Problem nicht beheben, ADG verweist auf die eigenen Konnektoren. Das Softwarehaus erklärt, dass eine Nutzung externer Konnektoren nie vorgesehen gewesen sei und das den Kund:innen auch stets so kommuniziert worden sei.

Das bestätigt auch der Apotheker in seinem Brief an Lauterbach: Ja, das Softwarehaus habe im Vorfeld den Support von E-Rezepten in Verbindung mit Red Medical-Konnektoren verweigert, dennoch hätten zahlreiche Apotheken in dieser Konfiguration eine funktionierende TI-Umgebung installiert. Nun aber habe ADG laufende TI-Systeme abgeschaltet, so der Vorwurf des Apothekers.

Lauterbach soll helfen

Eine schnelle Lösung seines EDV-Anbieters habe er nicht erhalten. „Dieses Geschäftsgebaren mit Verhinderung des E-Rezeptes und willentlichem Ausschluss von Marktteilnehmern ist sicher nicht im Sinne des Gesetzgebers“, empört sich der Inhaber in seinem Brief. Er bittet Lauterbach direkt um Hilfe: „Ich bitte Sie um Ihre Einflussnahme, sodass ADG ALLEN Apotheken-Kunden die Warenwirtschaft vollumfänglich zur Nutzung der E-Rezept-Funktionalitäten verfügbar macht.“ Eine Antwort des Ministers steht noch aus.

Auch Red Medical Geschäftsführer Jochen Brüggemann glaubt an ein absichtliches Vorgehen seitens ADG. „Die wollen uns aus den Apotheken rausdrängen“, sagte er gegenüber APOTHKEE ADHOC. Brüggemann hofft, dass spätestens mit Inkrafttreten dem Krankenhauspflegeentlastungsgesetzes (KHPflEG) Schluss ist mit solchen Scherereien.

Denn im neuen § 332 a Sozialgesetzbuch V (SGB V) heißt es: „Die Anbieter und Hersteller informationstechnischer Systeme für die vertragsärztliche Versorgung […] und Apotheken stellen die diskriminierungsfreie Einbindung aller Komponenten und Dienste sicher, die von der Gesellschaft für Telematik nach § 325 Absatz 2 und 3 zugelassen sind und die zur Erfüllung gesetzlicher Pflichten bei der Nutzung von Anwendungen der Telematikinfrastruktur erforderlich sind, soweit Schnittstellen vorgegeben oder festgelegt sind. Eine Beschränkung der Einbindung auf bestimmte Hersteller und Anbieter ist unzulässig.“ In Absatz 2 folgt sogar die Verpflichtung, dass diese Einbindung der Komponenten und Dienste ohne zusätzliche Kosten erfolgen muss. Dagegen wehren sich Softwarehäuser, die sich mit zusätzlichem Aufwand konfrontiert sehen. Was das Gesetz am Ende auch bringen mag, eine schnelle Lösung für die aktuell betroffenen Apotheken ist es nicht.

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